Neue Produktsicherheitsverordnung

Ab 13. Dezember 2024 gilt eine neue EU-Produktsicherheitsverordnung. Die neue Verordnung enthält Pflichten für die verschiedenen Wirtschaftsakteure. Wir geben Ihnen einen Überblick über die neuen Hersteller-Pflichten.

Die neue Produktsicherheitsverordnung (Verordnung (EU) 2023/988) wird die bislang geltende Produktsicherheitsrichtlinie ersetzen. Mit der neuen Verordnung wird ein einheitlicher Rahmen in der gesamten EU gebildet und so der Binnenmarkt gestärkt.

Bisher konnten die Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung der Produktsicherheitsrichtlinie in nationales Recht abweichende Vorschriften erlassen. Die Verordnung jedoch gilt unmittelbar und damit in allen Mitgliedstaaten der EU gleich.

Anwendungsbereich

Die Verordnung gilt grundsätzlich für alle Produkte.

Ein Produkt ist gemäß Art. 3 Nr. 1 jeder Gegenstand, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Gegenständen entgeltlich oder unentgeltlich — auch im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung — geliefert oder bereitgestellt wird und für Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern benutzt wird, selbst wenn er nicht für diese bestimmt ist.

Ausnahmen gibt es lediglich für:

a) Human- und Tierarzneimittel,
b) Lebensmittel,
c) Futtermittel,
d) lebende Pflanzen und Tiere, genetisch veränderte Organismen und genetisch veränderte Mikroorganismen in
geschlossenen Systemen sowie Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion
zusammenhängen,
e) tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte,
f) Pflanzenschutzmittel,
g) Beförderungsmittel, die der Verbraucher nicht selbst bedient,
h) Luftfahrzeuge gemäß Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2018/1139,
i) Antiquitäten.

Existieren für Produkte im Unionsrecht spezifische Sicherheitsanforderungen, so gilt die neue Produktsicherheitsverordnung nur für diejenigen Aspekte, die nicht unter diese speziellen Anforderungen fallen. Das bedeutet also, dass zusätzlich zu den spezifischen Sicherheitsanforderungen auch die Pflichten dieser Verordnung greifen, sofern sie andere Aspekte oder Risiken regelt.

Der Hersteller in der Produktsicherheitsverordnung

Die Verordnung regelt die Pflichten der einzelnen Wirtschaftsakteure.

Als „Wirtschaftsakteur“ definiert dabei Art. 3 Nr. 13 den Hersteller, den Bevollmächtigten, den Einführer, den Händler, den Fulfilment-Dienstleister oder jede andere natürliche oder juristische Person, die Pflichten im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten oder deren Bereitstellung auf dem Markt gemäß dieser Verordnung unterliegt.

Als Hersteller sieht die Verordnung in Art. 3 Nr. 8 jede natürliche oder juristische Person an, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet.

Art. 13 der Produktsicherheitsverordnung erweitert den Kreis der Hersteller dann noch:

  • natürliche oder juristische Personen, die ein Produkt unter ihrem Namen oder ihrer Handelsmarke in Verkehr bringen
  • natürliche oder juristische Personen, sie ein Produkt wesentlich verändern

In diesem Beitrag soll es dabei ausschließlich um die Pflichten der Hersteller gehen. Einen Beitrag zu den Pflichten der Händler finden Sie hier auf www.versandhandelsrecht.de.

Allgemeines Sicherheitsgebot

Art. 5 der Produktsicherheitsverordnung legt allgemein fest, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen.

Dieses allgemeine Sicherheitsgebot wird in Art. 7 und 8 näher spezifiziert.

Art. 7 enthält eine Vermutung der Konformität mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot, Art. 8 enthält Elemente, die bei der Bewertung der Sicherheit von Produkten zu berücksichtigen sind.

Hierzu zähen etwa

  • andere europäische Normen
  • internationale Normen
  • internationale Übereinkünfte
  • freiwillige Zertifizierungssysteme
  • Empfehlungen oder Leitlinien der Kommission
  • nationale Normen des Mitgliedstaates, in dem das Produkt bereitgestellt wird
  • Stand des Wissens und der Technik
  • Verhaltenskodizes
  • Sicherheit, die von Verbrauchern vernünftigerweise erwartet werden kann
  • von der Kommission in Durchführungsrechtsakten festgelegte Sicherheitsanforderungen

Pflichten der Hersteller

Die Pflichten der Hersteller werden in Art. 9 Produktsicherheitsverordnung geregelt.

Diese sind zunächst verpflichtet, dass gewährleisten müssen, dass ihre Produkte im Einklang mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Art. 5 entworfen und hergestellt wurden.

Damit dies sichergestellt ist, müssen Hersteller – bevor sie ihre Produkte in Verkehr bringen – eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen, die mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und seiner für die Bewertung seiner Sicherheit relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten (Art. 9 Abs. 2).

Inhalt der technischen Unterlagen

Die Verordnung macht dann noch inhaltliche Vorgaben für diese technischen Unterlagen „sofern dies angesichts der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken angemessen ist“.

In diesem Fall umfassen die technischen Unterlagen auch:

  1. eine Analyse der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken und der gewählten Lösungen zur Beseitigung oder Minderung dieser Risiken, einschließlich der Ergebnisse aller Berichte über Tests, die der Hersteller durchgeführt hat oder von einem Dritten hat durchführen lassen, und
  2. eine Aufstellung aller einschlägigen europäischen Normen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der anderen Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 8, die angewandt wurden, um dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 zu entsprechen.

Wichtig: Diese technischen Unterlagen müssen auf dem neuesten Stand sein und sind für zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen des Produktes bereitzuhalten und der Marktüberwachungsbehörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

Bei in Serie gefertigten Produkten müssen Hersteller sicherstellen, dass stets die Konformität mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gewährleistet ist.

Pflichten zur Produktkennzeichnung

Neben den allgemeinen Sicherheitsanforderungen müssen Hersteller ihre Produkte auch kennzeichnen.

Hersteller müssen gewährleisten, dass ihre Produkte eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes für Verbraucher leicht erkennbares und lesbares Element zu ihrer Identifizierung tragen.

Sofern dies aufgrund der Größe oder der Art des Produkts nicht möglich sein sollte, muss diese Information auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage angegeben werden (z.B. in einer Gebrauchsanweisung).

Außerdem sind der Name, der eingetragene Handelsname oder Handelsmarke, die Postanschrift, eine E-Mail-Adresse und falls abweichend, die Postanschrift oder die E-Mail-Adresse der zentralen
Anlaufstelle an, unter der man sie kontaktieren kann, auf dem Produkt selbst anzugeben. Aber auch diesbezüglich gilt: Wenn dies nicht möglich ist, genügt die Angabe auf der Verpackung oder n einer dem Produkt beigefügten Unterlage.

Die Hersteller müssen darüber hinaus gewährleisten, dass ihrem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen in einer Sprache beigefügt sind, die für die Verbraucher leicht verständlich ist und die der Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird. Diese Vorgabe gilt nicht, wenn das Produkt auch ohne diese Hinweise sicher ist. In Deutschland müssen diese Informationen in deutscher Sprache bereitgehalten werden.

Verhalten bei gefährlichen Produkten

Kommt der Hersteller zu dem Schluss, es handelt sich bei dem von ihm in Verkehr gebrachtem Produkt um ein gefährliches Produkt greifen strenge Maßnahmen.

Als „gefährliches Produkt“ gilt jedes Produkt, bei dem es sich nicht um ein sicheres Produkt handelt (Art. 3 Nr. 3).

Als „sicheres Produkt“ gilt jedes Produkt, das bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung, was auch die tatsächliche Gebrauchsdauer einschließt, keine oder nur geringe mit seiner Verwendung zu vereinbarende, als annehmbar erachtete und mit einem hohen Schutzniveau für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher vereinbare Risiken birgt (Art. 3 Nr. 2).

In diesem Fall ergreift der Hersteller die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen. Hierzu kann auch ein Rückruf gehören. Außerdem muss er die Verbraucher unterrichten sowie die Marktüberwachungsbehörde und die weiteren Wirtschaftsakteure in der Lieferkette auf dem Laufenden halten.

Für die Unterrichtung der Verbraucher darf der Hersteller auch personenbezogene Daten der Verbraucher verwenden, die ihm vorliegen (Art. 35 Abs. 1).

Kontaktdaten der Verbraucher zu Sicherheitszwecken

Sehen Wirtschaftsakteure ein Produktregistrierungssystem oder Kundenbindungsprogramme vor, so müssen sie dem Verbraucher ermöglichen, gesonderte Kontaktdaten ausschließlich zu Sicherheitszwecken zu hinterlegen.

Die zu diesem Zweck erhobenen personenbezogenen Daten beschränken sich auf das erforderliche Mindestmaß und werden nur verwendet, um Verbraucher im Falle eines Rückrufs oder einer Sicherheitswarnung zu kontaktieren. An diese Kontaktdaten dürfen also keine sonstigen z.B. E-Mails gesendet werden.

Einrichtung einer Beschwerdestelle

Hersteller müssen spezielle Beschwerdemöglichkeiten einrichten. Dies muss über öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle (Telefon, E-Mail, spezielle Rubrik auf der Website) erfolgen. Verbraucher müssen darüber Beschwerden einreichen können und Informationen über aufgetretene Unfälle oder Sicherheitsprobleme an den Hersteller melden können (Art. 9 Abs. 11).

Gehen solche Beschwerden ein, müssen die Hersteller diese Beschwerden untersuchen und ein internes Verzeichnis dieser Beschwerden führen. In dem Verzeichnis sind auch Produktrückrufe und etwaige Korrekturmaßnahmen zu dokumentieren.

Fazit

Die neue Produktsicherheitsverordnung hält für Händler zahlreiche Pflichten bereit. Die Mitgliedstaaten müssen noch Sanktionsvorschriften erlassen. Aktuell gibt es einen Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dieser muss noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Erst dann kann man die genauen Sanktionen (etwa Bußgelder) beziffern.

TCI Partner Stephan Schmidt spricht auf 3. Cyber-Sicherheitskongress

Cybersicherheit ist Chefsache und Cybersicherheit gehört auf die Mainstage.

Am 18.04.24 um 10:30 Uhr wird der Mainzer TCI Partner Stephan Schmidt daher in Ingelheim beim 3. Cyber-Sicherheitskongress des BVMW Mainz -Bingen auf der Mainstage über „Neue Regelungen im Cybersicherheitsrecht – Neue Anforderungen an Unternehmen und Geschäftsführung“ sprechen.

Zudem gibt es im Rahmen eines Kamingesprächs Gelegenheit ihm und anderen Experten Fragen zur NIS-2 Richtlinie, dem geplanten aber verzögerten deutschen Umsetzungsgesetz (NIS2UmsuCG), weiteren europäischen Rechtsakten zur Cybersicherheit und allen aktuellen Fragen des IT-Sicherheitsrechts zu stellen.

Anmeldung sind über die Kongressseite möglich.

TCI-Partner Dr. Thomas Stögmüller hält Grundlagenseminar zur DSGVO

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht Dr. Thomas Stögmüller, LL.M. (Berkeley), hält am 10. April 2024 ein Grundlagenseminar zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Das 2,5-stündige Online-Seminar erfolgt im Rahmen der Fortbildung der Rechtsanwaltskammer München und richtet sich an Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (nähere Informationen unter https://seminare.rak-muenchen.de/65004-12-grundlagenseminar-dsgvo-5655763/). Neben einem generellen Überblick über die Grundsätze der DSGVO und die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung werden auch aktuelle Themen wie das Auskunftsrecht, Anforderungen an Cookies, die Datenübermittlung in die USA und die jüngste EuGH-Rechtsprechung zum Schadensersatzanspruch unter der DSGVO behandelt.

TCI Partner Schmidt von der WirtschaftsWoche als Legal All Star 2023 ausgezeichnet

Die WirtschaftsWoche hat erneut die Auszeichnung „Legal All Stars“ vergeben, bei der in jedem der 31 Rechtgebiete lediglich drei Anwältinnen oder Anwälte benannt werden. Im diesjährigen Ranking hat die WirtschaftsWoche unseren Mainzer Partner Stephan Schmidt als „Legal All Star 2023“ ausgezeichnet. In einem mehrstufigen Auswahlverfahren setzte er sich gegen die anderen Nominierten durch und erreichte den 1. Platz im Bereich IT-Recht.


Das Handelsblatt Research Institute (HRI) verschickte für die WirtschaftsWoche fast 26.000 Befragungen an Wirtschaftsanwält:innen. Die größte Gruppe stellen Anwält:innen für Gesellschafts- und Arbeitsrecht mit je mehr als 5600 Teilnehmenden, die kleinste Medizinrecht mit 511 Jurist:innen aus 333 Kanzleien. In die Riege der Legal All Stars schafften es insgesamt 92 Anwält:innen aus 63 Kanzleien. Zunächst wurden die Anwält:innen nach den renommiertesten Konkurrenten in ihrem Gebiet befragt, dann stimmte eine Jury aus Unternehmensjurist:innen, Professor:innen, Prozessfinanzierer:innen und Berater:innen ab, gewichtete und ergänzte.

Das komplette Ranking findet sich in Ausgabe 13 der Wirtschaftswoche vom 22.03.2024 und hier online.

Microsoft 365 und kein Ende

Der „Dauerbrenner“ Microsoft 365 beschäftigt nach wie vor die Datenschutz-Aufsichtsbehörden. Nun hat sich der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDPS) zu Wort gemeldet, der als unabhängige Aufsichtsbehörde für die Organe und Einrichtungen der EU zuständig ist.

Mit einer Entscheidung vom 11. März 2024 (https://www.edps.europa.eu/press-publications/press-news/press-releases/2024/european-commissions-use-microsoft-365-infringes-data-protection-law-eu-institutions-and-bodies_en) hat der EDPS der EU-Kommission angewiesen, bis zum 9. Dezember 2024

  • alle Datenflüsse, die sich aus der Nutzung von Microsoft 365 an Microsoft und an seine verbundenen Unternehmen und Unterauftragsverarbeiter in Ländern außerhalb der EU/des EWR ergeben und die nicht unter einen Angemessenheitsbeschluss fallen, auszusetzen und
  • die Verarbeitungsvorgänge, die sich aus der Verwendung von Microsoft 365 ergeben, mit der Verordnung (EU) 2018/1725 in Einklang zu bringen.

Die Entscheidung des EDPS stellt nicht auf die DSGVO, sondern auf die Verordnung 2018/1725 ab. Dabei handelt es sich um das Datenschutzrecht für Organe und Einrichtungen der EU. Die Verordnung entspricht jedoch inhaltlich weitgehend der DSGVO.

Nach der Meinung des EDPS hat die Kommission nicht ausreichend geprüft und vereinbart, welche personenbezogenen Daten von Microsoft zu welchen Zwecken verarbeitet und an Subunternehmer übermittelt werden.

Der Kommission wurde insbesondere aufgegeben,

  • ein „Transfer-Mapping“ durchzuführen, in dem ermittelt wird, welche personenbezogenen Daten an welche Empfänger in welchen Drittländern, zu welchen Zwecken und vorbehaltlich welcher Garantien erfolgen. Dies soll auch Weiterübermittlung (onward transfers) beinhalten, d.h. die gesamte, von Microsoft eingesetzte Subunternehmer-Kette:

appraise […] what personal data will be transferred to which recipients in which third countries and for which purposes, thereby […] obtaining the minimum information necessary to determine whether any supplementary measures are required to ensure the essentially equivalent level of protection […]

Die Datenübermittlung an Subunternehmer in Drittländer ohne angemessenes Schutzniveau ist zu unterlassen.

  • ausdrücklich festzulegen, welche Daten zu welchen Zwecken von Microsoft verarbeitet werden und dabei den Zweckbindungsgrundsatz zu berücksichtigen:

sufficiently determine the types of personal data collected under the […] agreement concluded with Microsoft […] in relation to each of the purposes of the processing so as to allow those purposes to be specified and explicit; ensure that the purposes for which Microsoft is permitted to collect personal data [….] are specified and explicit; provide sufficiently clear documented instructions for the processing […]”.

Es muss transparent geregelt werden, welche Daten zu welchen Zwecken vereinbart werden. Diese Verarbeitungen müssen natürlich rechtmäßig sein. Insbesondere soll durch klare und detaillierte Regelungen sichergestellt werden, dass die Daten von Microsoft wirklich nur im Auftrag der Kommission genutzt werden.

Die Kritikpunkte des EDPS entsprechen dabei zum Teil der Kritik der deutschen Aufsichtsbehörden, die zuletzt in der „Bewertung der aktuellen Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung“ vom 2.11.2022 veröffentlicht wurde (https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/dskb/2022_24_11_festlegung_MS365_abschlussbericht.pdf). Es bleibt abzuwarten, welche praktischen Konsequenzen die Entscheidung des EDPS für deutsche Unternehmen haben wird und ob die deutschen Aufsichtsbehörden die Entscheidung zum Anlass nehmen werden, ihre eigene Prüfungspraxis zu verschärfen.

„Gefangen“ im Cloud-Vertrag? Der Data Act erleichtert Provider Switching

Das Problem

„Begin with the end in mind“: Diesen Grundsatz übersehen viele Kunden, wenn sie einen Cloud-Vertrag oder einen Vertrag über SaaS, IaaS oder PaaS abschließen. Der Vertragsschluss auf der Basis von Standardkonditionen der Anbieter ist vergleichsweise einfach. Der Ausstieg aus dem Vertrag stößt aber häufig auf Probleme, weil sich im Vertrag keine oder nur unzureichende Regelungen zum Wechsel vom bisherigen Provider zu einen neuen Provider finden. Zu Unterstützungspflichten des Providers bei Vertragsbeendigung und bei der Überführung der Services auf einen Dritten sowie zu einer diesbezüglichen Vergütung ist häufig nichts geregelt. Hier ist der Anwender derzeit auf das Entgegenkommen des Anbieters angewiesen. Dies führt für den Anwender zu einer schwierigen „Lock-In“-Situation.

Abhilfe durch den Data Act

Durch den im Januar 2024 in Kraft getretenen Data Act soll es nun Abhilfe geben. Ziel des Data Act ist es, den Wechsel zwischen einzelnen Providern oder von einem Provider zurück zu den Systemen des Anwenders zu erleichtern. Die Hindernisse für einen wirksamen Wechsel, insbesondere die vorkommerziellen, gewerblichen, technischen, vertraglichen und organisatorischen Hindernisse sollen beseitigt werden. Der Data Act sieht in den Art. 23 ff. hierzu zahlreiche Regelungen vor. Hierbei handelt es sich um unmittelbar geltendes Gesetzesrecht.

Adressaten der Regelungen

Adressaten der Regelungen sind Anbieter von sogenannten „Datenverarbeitungsdiensten“. Dieser Begriff ist weit zu verstehen. Erfasst wird eine beträchtliche Zahl von Diensten mit einer großen Bandbreite an unterschiedlichen Anwendungszwecken, Funktionen und technischen Strukturen. Hierunter fallen Dienste, die eines oder mehrere der folgenden Modelle anbieten: Infrastructure-as-a-Service“ (IaaS), „Platform-as-a-Service“ (PaaS) und „Software-as-a-Service“ (SaaS). Aber auch andere Varianten zählen dazu, wie z.B. „Storage-as-a-Service“ und „Database-as-a-Service“.

Verpflichtungen der Provider

Die Provider treffen weitreichende Verpflichtungen. So zwingt sie das Gesetz, in dem Vertrag mit dem Anwender bestimmte Vertragsklauseln zu dessen Schutz zu vereinbaren, z.B. die Regelung einer Wechselmöglichkeit auf Verlangen, die Verpflichtung zur Leistung angemessener Unterstützung oder auch Regelungen zu Wechselentgelten. Des Weiteren treffen den Anbieter u.a. Informationspflichten und die Verpflichtung, technische Vorkehrungen zur Ermöglichung eines Wechsels vorzunehmen. Für die Provider bedeutet dies, dass sie ihre Verträge entsprechend anpassen und die erforderlichen Prozesse und technischen/organisatorischen Maßnahmen treffen müssen.

Ausgenommene Datenverarbeitungsdienste

Von den weitreichenden Pflichten der Provider sind Datenverarbeitungsdienste ausgenommen, die für den Anwender „maßgeschneidert“ wurden und die nicht im größeren Maßstab über den Dienstleistungskatalog des Anbieters im Markt offeriert werden. Die Pflichten gelten auch nicht für Dienste, die nicht als Vollversion, sondern zu Test-und Bewertungszwecken und für einen begrenzten Zeitraum bereitgestellt werden.

Zeitliche Geltung der Bestimmungen

Die entsprechenden Bestimmungen des Data Act gelten ab dem 12. September 2025. Den Providern bleibt deshalb für die Umsetzung und die Anpassung der entsprechenden Verträge noch etwas Zeit. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die entsprechenden Regelungen des Data Act bereits zeitlich eine gewisse Vorwirkung entfalten: Viele Anwender werden vermutlich Wert darauf legen, dass die vom Data Act geforderten vertraglichen Regelungen bereits jetzt in Neuverträge aufgenommen werden.

Der Widerrufsbutton kommt

Verbraucher können online schnell und einfach Verträge abschließen. In Zukunft soll das auch für die Ausübung des Widerrufsrechtes gelten. Dazu wird der Widerrufsbutton geschaffen. Die EU macht neue Vorgaben für Online-Shops.

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SAP-Verträge: Seminar der DSAG-Academy mit Dr. Michael Karger

Dr. Michael Karger ist Referent des Seminars der DSAG-Academy „SAP-Verträge verstehen und gestalten: Rechtliche Grundlagen, wichtige Regelungen, Fallstricke“. Das Seminar findet am 14.03.2024 als Präsenztraining in Leimen statt.

Ziel des Seminars ist es, den Teilnehmenden einen Überblick zur Struktur der „SAP-Vertragswelt“ zu geben, sie mit den Grundzügen der unterschiedlichen Vertragswerke im On Premise-Kontext und für Cloud-Services vertraut zu machen und einzelne, besonders wichtige rechtliche Bestimmungen zu erläutern. Angesprochen werden auch die Themen S/4 HANA Conversion, RISE with SAP sowie die neuen KI-Bedingungen.

Das Seminar ist schon weitgehend ausgebucht. Es findet voraussichtlich ein weiterer Termin später im Jahr 2024 statt.

Dr. Thomas Stögmüller referiert zu gesetzlichen Mindestrechten des berechtigten Nutzers von Computerprogrammen

Rechtsanwalt Dr. Thomas Stögmüller, LL.M. (Berkeley), Partner bei TCI Rechtsanwälte, hält auf den Kölner Tagen IT-Recht 2024 am 8. März 2024 einen Vortrag zum Thema „Computerprogramme: Gesetzliche Mindestrechte des berechtigten Nutzers“. Er erörtert hierbei die für die rechtmäßige Nutzung von Computerprogrammen wesentlichen Fragen wie insbesondere, welche Nutzungen im Regelfall zur „bestimmungsgemäßen Benutzung“ gehören und welche Benutzungshandlungen vom sog. „zwingenden Kern“ des § 69d Abs. 1 UrhG abgedeckt sind. Dies ist vor allem bei der Frage einer zulässigen „indirekten“ Nutzung von Software sowie beim Outsourcing von erheblicher rechtlicher und wirtschaftlicher Bedeutung.

Weitere Informationen zu den „Kölner Tagen IT-Recht 2024“, deren Co-Tagungsleitung Rechtsanwalt Dr. Michael Karger, Partner bei TCI Rechtsanwälte inne hat, sind unter https://www.otto-schmidt.de/seminare/koelner-tage/koelner-tage-it-recht zu finden.  

Rechtsanwalt Dr. Thomas Stögmüller referiert zu aktuellen Entwicklungen unter der DSGVO

Dr. Thomas Stögmüller, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Partner bei TCI Rechtsanwälte München, gibt bei der Rechtsanwaltskammer München ein Update zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und zeigt aktuelle Entwicklungen mit Schwerpunkt im Medienbereich auf. Ein Schwerpunkt des Referats sind jüngere Gerichtsentscheidungen zu Datenschutzhinweisen und der Datenübermittlung an ein Drittland sowie der neue EU-U.S. Data Privacy Framework.

Das Seminar findet am 28.02.2024 als Webinar statt und richtet sich an Rechtsanwältinnen und Rechtanwälte mit Schwerpunk im Medienrecht oder IT-Recht.