<strong>BGH zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner</strong>

BGH zur wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner

Keine Haftung von Amazon für Wettbewerbsverstoß auf Affiliate-Website

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass Amazon nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners haftet, die dieser auf seiner eigenen Website platziert hat (BGH, Urteil vom 26. Januar 2023, I ZR 27/22; die Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht). Im Rahmen des Amazon-Partnerprogramms erhalten Dritte, die auf ihrer eigenen Website Links auf Angebote auf der Verkaufsplattform von Amazon setzen, eine Provision, wenn über diesen Link ein Kauf vermittelt wird.

Sachverhalt

Eine Matratzenherstellerin hielt die Werbung eines solchen Affiliates unter anderem für Matratzen für irreführend, weil die Website optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach. Sie klagte allerdings nicht unmittelbar gegen diesen Affiliate, sondern gegen Amazon, weil sich auf der Website Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform von Amazon befanden. Die Matratzenherstellerin machte geltend, dass Amazon sich den Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen müsse.

Entscheidung

Der BGH entschied ebenso wie die Vorinstanzen (LG Köln und OLG Köln) zugunsten von Amazon.

Keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs von Amazon

Er begründete dies damit, dass der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber liege. An einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs von Amazon fehle es aber, wenn Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen wie im Streitfall eine Website mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen nach eigenem Ermessen gestalten.

Auch wenn sie eine solche Website einsetzen, um bei verschiedenen Anbietern mittels Affiliate-Links Provisionen zu verdienen, sei die Werbung auf einer solchen Website ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links würden von ihnen nur gesetzt, um damit Provisionen zu generieren. Dadurch werde der eigene Geschäftsbetrieb jedoch nicht zu einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs von Amazon.

Keine Beherrschung des Risikos durch Amazon

Es fehle im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikos durch Amazon, weil der Affiliate bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags oder der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig werde, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein in eigenem Namen und im eigenen Interesse. Amazon sei auch nicht verpflichtet gewesen, sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss zu sichern, weil sie ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert habe.

Beurteilung

Der BGH hat mit der Entscheidung der weit verbreiteten Strategie, statt des eigentlichen Verletzers denjenigen Beteiligten zu verklagen, der über „deep pockets“ verfügt, also finanziell leistungsfähig und somit im Falle des Obsiegens zur Erstattung der Prozesskosten in der Lage ist, in der konkreten Konstellation eine Absage erteilt.

Ausblick

Mit der am 1. November 2022 in Kraft getretenen Verordnung (EU) 2022/1925), besser bekannt unter der Bezeichnung Digital Markets Act, die ab 2. Mai 2023 anzuwenden ist, werden Online-Plattformen wie Amazon weitreichende Verpflichtungen auferlegt, um einer unfairen Ausnutzung von Marktmacht entgegenzuwirken.

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