KI-Haftung: EU Kommission zieht Richtlinienvorschlag zurück

Die EU Kommission hat am 12. Februar 2025 die Richtlinie über KI-Haftung zurückgezogen. Die Kommission begründete ihre Entscheidung damit, dass sie keine vorhersehbare Einigung über die Richtlinie sehe.

Richtlinienvorschlag über KI-Haftung

Mit dem Richtlinienvorschlag über KI-Haftung sollten bestimmte Regeln für die zivilprozessuale Geltendmachung außervertraglicher zivilrechtlicher Ersatzansprüche für Schäden etabliert werden, die durch künstliche Intelligenz verursacht werden. Das Haftungsrisiko ist laut einer Umfrage aus dem Jahr 2020 das wichtigste Hindernis, das Unternehmen davon abhält, KI einzusetzen.

Der Richtlinienvorschlag über KI-Haftung war neben der KI-Verordnung und der Überarbeitung des EU Produktsicherheitsrechts Teil eines Maßnahmepakets zur Unterstützung der Einführung von KI in Europa. Die KI-Verordnung ist in Kraft; die Kapitel I und II (Allgemeine Bestimmungen und Verbotene Praktiken im KI-Bereich) gelten seit dem 2. Februar 2025. Die Produktsicherheitsverordnung ist ebenfalls in Kraft; sie gilt seit dem 13. Dezember 2024.

Verschuldensunabhängige Haftung?

Der Richtlinienvorschlag über KI-Haftung sah keine Gefährdungshaftung für KI-Systeme vor.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass die neue Produkthaftungsrichtlinie in Art. 4 Nr. 1 nunmehr ausdrücklich klarstellt, dass Software unabhängig von ihrer Verkörperung auf einem physischen Datenträger als Produkt im Sinne der Richtlinie gilt. Dadurch gilt die verschuldensunabhängige Produkthaftung auch für KI-Systeme, denn jedes KI-System basiert auf Software. Bislang war umstritten, ob Software ein Produkt im Sinne des Produkthaftungsrechts darstellt.

Verpflichtung zur Offenlegung von Beweisen

Gegenstand des Richtlinienvorschlags über KI-Haftung waren erhebliche Beweiserleichterungen für die durch ein KI-System Geschädigten. Zum einen sollte der Anbieter oder Nutzer eines Hochrisiko-KI-Systems zur Offenlegung relevanter Beweise verpflichtet werden. Die Zivilgerichte sollten die Befugnis erhalten, diese Offenlegung im Schadensersatzprozess anzuordnen.

Beweislastumkehr

Die Verweigerung der Offenlegung sollte sodann eine widerlegbare Vermutung für eine Verletzung von Sorgfaltspflichten durch den Anbieter oder Nutzer begründen.

Des Weiteren sollte – auch im Falle von KI-Systemen, die keine Hochrisiko-KI-Systeme sind – für den Kausalzusammenhang zwischen dem Verschulden des Beklagten und dem Schaden unter bestimmten Voraussetzungen eine Beweislastumkehr eingreifen: Der Beklagte sollte in diesen Fällen beweisen müssen, dass er den Schaden nicht zu verantworten hat.

Diese Regelungen wird es nun bis auf Weiteres erst einmal nicht geben. Ob das Vorhaben einer KI-Haftungsrichtlinie von der Kommission zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen wird, bleibt abzuwarten.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung der Kommission ist insbesondere von der Digitalindustrie begrüßt worden.

Keine Offenlegung von Beweismitteln

Aus der Sicht der Rechtspflege ist die Entscheidung ebenfalls zu begrüßen.

Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung einer Befugnis der Gerichte, die Offenlegung von Beweismitteln anzuordnen, stellt einen erheblichen Eingriff in das Zivilprozessrecht der Mitgliedstaaten dar. Das gilt insbesondere für Mitgliedstaaten wie Deutschland, nach deren Zivilprozessrecht der Beibringungsgrundsatz gilt, d.h. die Beweismittel von den Parteien beizubringen sind und das Gericht von Amts wegen weder den Sachverhalt ermittelt noch Beweismittel beschafft. Der Beibringungsgrundsatz ist Ausfluss der im Zivilrecht geltenden Parteiautonomie und gehört damit letztlich zu den grundlegenden bürgerlichen Freiheitsrechten.

Keine Beweislastumkehr?

Im Hinblick auf die Regelungen zur Beweislastumkehr, die es nun erst einmal nicht geben wird, darf die Entscheidung der Kommission allerdings nicht überschätzt werden.

Denn der BGH hat im Rahmen der grundsätzlich verschuldensabhängigen außervertraglichen Produzentenhaftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB bereits im Jahr 1968 hinsichtlich des Verschuldens eine Beweislastumkehr etabliert. Im Ergebnis gibt es in Deutschland in der Praxis daher bereits heute kaum Unterschiede zwischen der Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB und der verschuldensunabhängigen Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz, das 1990 in Kraft trat. Auch für die vertragliche Haftung gibt es in Deutschland eine Beweislastumkehr für das Verschulden (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Diese Regeln der Beweislastumkehr gelten selbstverständlich auch in Schadensersatzprozessen, in denen eine KI in die Schadensverursachung involviert war.

Fazit

Die Entscheidung der Kommission, diesen Bereich einstweilen nicht zu harmonisieren und die Regelung der Haftung für KI den Mitgliedstaaten zu überlassen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Denn ob die teilweise überbordende Regulierung des IT-Rechts auf EU-Ebene der europäischen Digitalwirtschaft wirklich hilft, mag angesichts der faktischen Dominanz US-amerikanischer Unternehmen in diesem Bereich bezweifelt werden.

Der Cyber Resilience Act der EU tritt in Kraft – neue Cybersicherheitsanforderungen für Software und vernetzte Produkte

Am 10. Dezember 2024 ist der „Cyber Resilience Act“ (CRA, der deutsche Name lautet „Cyberresilienz-Verordnung“) der EU in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung werden europaweit erstmalig horizontal geltende Cybersicherheitsvoraussetzungen für Produkte mit digitalen Elementen gesetzlich normiert. Vernetzte Produkte wie Heimkameras, Kühlschränke, Fernsehgeräte und Spielzeug müssen hiernach „cybersicher“ sein, bevor sie in Verkehr gebracht werden, und auch über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg bleiben. Um diese Cybersicherheit zu belegen, müssen sie künftig mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein.

Zwar gelten die wesentlichen Regelungen der Verordnung erst ab dem 11. Dezember 2027, sodass Unternehmen eine großzügige Übergangsfrist haben, ihre in das Internet eingebundenen Produkte an die neuen Regelungen anzupassen. Doch da Produktentwicklungszyklen mehrere Monate bis Jahren dauern können, soll bereits jetzt auf einige wesentliche Anforderungen unter dem CRA hingewiesen werden:

– Der Anwendungsbereich des CRA ist äußerst weit und umfasst Software, in das Internet eingebundene Hardware wie intelligente Haushaltsgeräte (Stichwort „Internet of Things“) und Cloud-Dienste, die es den Nutzern ermöglichen, Geräte aus der Ferne zu steuern

– Hersteller, die ein Produkt mit digitalen Elementen in den Verkehr bringen, müssen dieses gemäß den grundlegenden, im CRA näher spezifizierten Cybersicherheitsanforderungen konzipieren, entwickeln und herstellen

– Grundlegende Cybersicherheitsanforderungen umfassen beispielsweise, sicherzustellen, dass Schwachstellen durch Sicherheits-Updates behoben werden können, dass geeignete Kontrollmechanismen bestehen, die Schutz vor unbefugtem Zugriff bieten, dass die Vertraulichkeit und Integrität gespeicherter und übermittelter Daten geschützt wird und dass den Nutzern die Möglichkeit geboten wird, alle Daten und Einstellungen dauerhaft sicher und einfach zu löschen

– Während der Supportdauer des Produkts ist dessen Cybersicherheitsrisiko zu bewerten, zu dokumentieren und ggf. zu aktualisieren

– Hersteller müssen Schwachstellen während der erwarteten Lebensdauer des Produkts oder über mindestens fünf Jahre ermitteln, beheben und entsprechende Sicherheits-Updates bereitstellen

– Hersteller müssen ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen (lassen) und, sofern das Produkt mit digitalen Elementen den grundlegenden Cybersicherheitsanforderungen genügt, eine CE-Kennzeichnung anbringen

– Produkte mit digitalen Elementen, die mit einem höheren Cybersicherheitsrisiko behaftet sind – als „wichtige Produkte mit digitalen Elementen“ bezeichnet – unterliegen einem strengeren Konformitätsbewertungsverfahren; dies gilt etwa für Betriebssysteme, Passwort-Manager, VPN, Modems für die Internetanbindung, intelligente Türschlösser, Babyphones, Alarmanlagen und Wearables

– Hersteller müssen aktiv ausgenutzte Schwachstellen und schwerwiegende Sicherheitsvorfälle dem zuständigen nationalen Computer-Notfallteam (Computer Security Incident Response Team – CSIRT) und der Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) über eine einheitliche Meldeplattform melden

– Der CRA enthält Ausnahmen und spezielle Regelungen für freie Software und Open Source Software

Neue Produktsicherheitsverordnung

Ab 13. Dezember 2024 gilt eine neue EU-Produktsicherheitsverordnung. Die neue Verordnung enthält Pflichten für die verschiedenen Wirtschaftsakteure. Wir geben Ihnen einen Überblick über die neuen Hersteller-Pflichten.

Die neue Produktsicherheitsverordnung (Verordnung (EU) 2023/988) wird die bislang geltende Produktsicherheitsrichtlinie ersetzen. Mit der neuen Verordnung wird ein einheitlicher Rahmen in der gesamten EU gebildet und so der Binnenmarkt gestärkt.

Bisher konnten die Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung der Produktsicherheitsrichtlinie in nationales Recht abweichende Vorschriften erlassen. Die Verordnung jedoch gilt unmittelbar und damit in allen Mitgliedstaaten der EU gleich.

Anwendungsbereich

Die Verordnung gilt grundsätzlich für alle Produkte.

Ein Produkt ist gemäß Art. 3 Nr. 1 jeder Gegenstand, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Gegenständen entgeltlich oder unentgeltlich — auch im Rahmen der Erbringung einer Dienstleistung — geliefert oder bereitgestellt wird und für Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen wahrscheinlich von Verbrauchern benutzt wird, selbst wenn er nicht für diese bestimmt ist.

Ausnahmen gibt es lediglich für:

a) Human- und Tierarzneimittel,
b) Lebensmittel,
c) Futtermittel,
d) lebende Pflanzen und Tiere, genetisch veränderte Organismen und genetisch veränderte Mikroorganismen in
geschlossenen Systemen sowie Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion
zusammenhängen,
e) tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte,
f) Pflanzenschutzmittel,
g) Beförderungsmittel, die der Verbraucher nicht selbst bedient,
h) Luftfahrzeuge gemäß Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung (EU) 2018/1139,
i) Antiquitäten.

Existieren für Produkte im Unionsrecht spezifische Sicherheitsanforderungen, so gilt die neue Produktsicherheitsverordnung nur für diejenigen Aspekte, die nicht unter diese speziellen Anforderungen fallen. Das bedeutet also, dass zusätzlich zu den spezifischen Sicherheitsanforderungen auch die Pflichten dieser Verordnung greifen, sofern sie andere Aspekte oder Risiken regelt.

Der Hersteller in der Produktsicherheitsverordnung

Die Verordnung regelt die Pflichten der einzelnen Wirtschaftsakteure.

Als „Wirtschaftsakteur“ definiert dabei Art. 3 Nr. 13 den Hersteller, den Bevollmächtigten, den Einführer, den Händler, den Fulfilment-Dienstleister oder jede andere natürliche oder juristische Person, die Pflichten im Zusammenhang mit der Herstellung von Produkten oder deren Bereitstellung auf dem Markt gemäß dieser Verordnung unterliegt.

Als Hersteller sieht die Verordnung in Art. 3 Nr. 8 jede natürliche oder juristische Person an, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet.

Art. 13 der Produktsicherheitsverordnung erweitert den Kreis der Hersteller dann noch:

  • natürliche oder juristische Personen, die ein Produkt unter ihrem Namen oder ihrer Handelsmarke in Verkehr bringen
  • natürliche oder juristische Personen, sie ein Produkt wesentlich verändern

In diesem Beitrag soll es dabei ausschließlich um die Pflichten der Hersteller gehen. Einen Beitrag zu den Pflichten der Händler finden Sie hier auf www.versandhandelsrecht.de.

Allgemeines Sicherheitsgebot

Art. 5 der Produktsicherheitsverordnung legt allgemein fest, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen.

Dieses allgemeine Sicherheitsgebot wird in Art. 7 und 8 näher spezifiziert.

Art. 7 enthält eine Vermutung der Konformität mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot, Art. 8 enthält Elemente, die bei der Bewertung der Sicherheit von Produkten zu berücksichtigen sind.

Hierzu zähen etwa

  • andere europäische Normen
  • internationale Normen
  • internationale Übereinkünfte
  • freiwillige Zertifizierungssysteme
  • Empfehlungen oder Leitlinien der Kommission
  • nationale Normen des Mitgliedstaates, in dem das Produkt bereitgestellt wird
  • Stand des Wissens und der Technik
  • Verhaltenskodizes
  • Sicherheit, die von Verbrauchern vernünftigerweise erwartet werden kann
  • von der Kommission in Durchführungsrechtsakten festgelegte Sicherheitsanforderungen

Pflichten der Hersteller

Die Pflichten der Hersteller werden in Art. 9 Produktsicherheitsverordnung geregelt.

Diese sind zunächst verpflichtet, dass gewährleisten müssen, dass ihre Produkte im Einklang mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Art. 5 entworfen und hergestellt wurden.

Damit dies sichergestellt ist, müssen Hersteller – bevor sie ihre Produkte in Verkehr bringen – eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen, die mindestens eine allgemeine Beschreibung des Produkts und seiner für die Bewertung seiner Sicherheit relevanten wesentlichen Eigenschaften enthalten (Art. 9 Abs. 2).

Inhalt der technischen Unterlagen

Die Verordnung macht dann noch inhaltliche Vorgaben für diese technischen Unterlagen „sofern dies angesichts der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken angemessen ist“.

In diesem Fall umfassen die technischen Unterlagen auch:

  1. eine Analyse der möglicherweise mit dem Produkt verbundenen Risiken und der gewählten Lösungen zur Beseitigung oder Minderung dieser Risiken, einschließlich der Ergebnisse aller Berichte über Tests, die der Hersteller durchgeführt hat oder von einem Dritten hat durchführen lassen, und
  2. eine Aufstellung aller einschlägigen europäischen Normen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der anderen Elemente nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 8, die angewandt wurden, um dem allgemeinen Sicherheitsgebot gemäß Artikel 5 zu entsprechen.

Wichtig: Diese technischen Unterlagen müssen auf dem neuesten Stand sein und sind für zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen des Produktes bereitzuhalten und der Marktüberwachungsbehörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

Bei in Serie gefertigten Produkten müssen Hersteller sicherstellen, dass stets die Konformität mit dem allgemeinen Sicherheitsgebot gewährleistet ist.

Pflichten zur Produktkennzeichnung

Neben den allgemeinen Sicherheitsanforderungen müssen Hersteller ihre Produkte auch kennzeichnen.

Hersteller müssen gewährleisten, dass ihre Produkte eine Typen-, Chargen- oder Seriennummer oder ein anderes für Verbraucher leicht erkennbares und lesbares Element zu ihrer Identifizierung tragen.

Sofern dies aufgrund der Größe oder der Art des Produkts nicht möglich sein sollte, muss diese Information auf der Verpackung oder in einer dem Produkt beigefügten Unterlage angegeben werden (z.B. in einer Gebrauchsanweisung).

Außerdem sind der Name, der eingetragene Handelsname oder Handelsmarke, die Postanschrift, eine E-Mail-Adresse und falls abweichend, die Postanschrift oder die E-Mail-Adresse der zentralen
Anlaufstelle an, unter der man sie kontaktieren kann, auf dem Produkt selbst anzugeben. Aber auch diesbezüglich gilt: Wenn dies nicht möglich ist, genügt die Angabe auf der Verpackung oder n einer dem Produkt beigefügten Unterlage.

Die Hersteller müssen darüber hinaus gewährleisten, dass ihrem Produkt klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen in einer Sprache beigefügt sind, die für die Verbraucher leicht verständlich ist und die der Mitgliedstaat festlegt, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt wird. Diese Vorgabe gilt nicht, wenn das Produkt auch ohne diese Hinweise sicher ist. In Deutschland müssen diese Informationen in deutscher Sprache bereitgehalten werden.

Verhalten bei gefährlichen Produkten

Kommt der Hersteller zu dem Schluss, es handelt sich bei dem von ihm in Verkehr gebrachtem Produkt um ein gefährliches Produkt greifen strenge Maßnahmen.

Als „gefährliches Produkt“ gilt jedes Produkt, bei dem es sich nicht um ein sicheres Produkt handelt (Art. 3 Nr. 3).

Als „sicheres Produkt“ gilt jedes Produkt, das bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung, was auch die tatsächliche Gebrauchsdauer einschließt, keine oder nur geringe mit seiner Verwendung zu vereinbarende, als annehmbar erachtete und mit einem hohen Schutzniveau für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher vereinbare Risiken birgt (Art. 3 Nr. 2).

In diesem Fall ergreift der Hersteller die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, um die Konformität des Produkts auf wirksame Weise herzustellen. Hierzu kann auch ein Rückruf gehören. Außerdem muss er die Verbraucher unterrichten sowie die Marktüberwachungsbehörde und die weiteren Wirtschaftsakteure in der Lieferkette auf dem Laufenden halten.

Für die Unterrichtung der Verbraucher darf der Hersteller auch personenbezogene Daten der Verbraucher verwenden, die ihm vorliegen (Art. 35 Abs. 1).

Kontaktdaten der Verbraucher zu Sicherheitszwecken

Sehen Wirtschaftsakteure ein Produktregistrierungssystem oder Kundenbindungsprogramme vor, so müssen sie dem Verbraucher ermöglichen, gesonderte Kontaktdaten ausschließlich zu Sicherheitszwecken zu hinterlegen.

Die zu diesem Zweck erhobenen personenbezogenen Daten beschränken sich auf das erforderliche Mindestmaß und werden nur verwendet, um Verbraucher im Falle eines Rückrufs oder einer Sicherheitswarnung zu kontaktieren. An diese Kontaktdaten dürfen also keine sonstigen z.B. E-Mails gesendet werden.

Einrichtung einer Beschwerdestelle

Hersteller müssen spezielle Beschwerdemöglichkeiten einrichten. Dies muss über öffentlich zugängliche Kommunikationskanäle (Telefon, E-Mail, spezielle Rubrik auf der Website) erfolgen. Verbraucher müssen darüber Beschwerden einreichen können und Informationen über aufgetretene Unfälle oder Sicherheitsprobleme an den Hersteller melden können (Art. 9 Abs. 11).

Gehen solche Beschwerden ein, müssen die Hersteller diese Beschwerden untersuchen und ein internes Verzeichnis dieser Beschwerden führen. In dem Verzeichnis sind auch Produktrückrufe und etwaige Korrekturmaßnahmen zu dokumentieren.

Fazit

Die neue Produktsicherheitsverordnung hält für Händler zahlreiche Pflichten bereit. Die Mitgliedstaaten müssen noch Sanktionsvorschriften erlassen. Aktuell gibt es einen Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dieser muss noch das parlamentarische Verfahren durchlaufen. Erst dann kann man die genauen Sanktionen (etwa Bußgelder) beziffern.

TCI auf den Kölner Tagen IT-Recht 2024

Wir freuen uns, dass TCI auch in diesem Jahr auf den Kölner Tagen IT-Recht des Verlags Dr. Otto Schmidt (07.03. und 08.03.2024) vertreten ist.

Dr. Michael Karger (TCI München) übernimmt gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Sibylle Gierschmann (Gierschmann Legal, Hamburg) die Leitung der Tagung. Dr. Thomas Stögmüller referiert zum Thema „Computerprogramme: Gesetzliche Mindestrechte des berechtigten Nutzers“.

Die Hybrid-Tagung unter dem Titel „Von der Datenbeschaffung bis zur Lizenz“ deckt eine Vielzahl aktueller Themen des IT-Rechts ab, darunter:

  • EU-Datenstrategie und rechtliche Umsetzung (u.a. Data Governance Act, Data Act)
  • Datenüberlassungs-Verträge im Lichte des Data Act
  • Datenbeschaffung durch Data Scraping
  • AI Act: Herausforderungen für die Praxis
  • Ethics und Compliance by Design in IT-Verträgen
  • Globale Perspektive: Wettstreitende Regulierungsmodelle (USA, EU, China)
  • Softwarekomponenten als urheberrechtliche Schutzgegenstände
  • Gesetzliche Mindestrechte an Computerprogrammen
  • Patentierbarkeit von Software und KI-Systemen
  • Neues IT-Sicherheitsrecht: Relevanz für IT-Verträge
  • „Digitale Produkte“ als Vertragsgegenstand

Die Tagung ist ein „Muss“ für alle Praktiker, die sich mit der Digitalstrategie auf europäischer und globaler Ebene auseinandersetzen. Sie liefert konkrete Hilfestellungen zur Vertragsgestaltung und gibt ein Update zu den neusten rechtlichen Entwicklungen im IT-Recht.

Ein Themenschwerpunkt ist der Zugang zu Daten sowie der Umgang mit der Regulierung von KI. Dabei legt die Veranstaltung Wert darauf, nicht nur die europäische Strategie zur Regulierung des Datenrechts, sondern auch die globale Perspektive auf wettstreitende Regulierungsmodelle zu berücksichtigen. Ungeachtet der Regulierungsfragen geht die Tagung auf konkrete rechtliche Fragen beim Einsatz von KI-Systemen ein und arbeitet die insoweit naheliegenden Anforderungen an die Vertragsgestaltung heraus. Zudem gehen die Referenten auf umstrittene Fragen zum Urheber- und Patentschutz von IT-Systemen ein. Konkret wird es auch bei der Gestaltung von IT-Verträgen unter dem Blickwinkel des neuen IT-Sicherheitsrechts oder im Hinblick auf digitale Produkte.

Zielgruppe: Rechtsanwälte, Richter, Justiziare und IT-Verantwortliche in Unternehmen, Behörden und Verbänden.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer schätzen an den Kölner Tagen IT die ebenso professionelle wie kollegiale und informelle Atmosphäre als Grundlage für Erfahrungsaustausch und Networking.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier https://www.otto-schmidt.de/koelner-tage-it-recht.

Neuer IT-Recht Kommentar mit Gesetzeskommentierungen von Dr. Truiken Heydn, Dr. Michael Karger und Dr. Thomas Stögmüller

In diesem thematisch neuartigen Kommentar werden IT-rechtsrelevante Gesetze im Hinblick auf die Besonderheiten des klassischen IT-Rechts erläutert. Inhaltliche Schwerpunkte sind Software und Hardware ebenso wie das IT-Outsourcing und neue Technologien. Die Partner von TCI Rechtsanwälte München haben die folgenden Gesetzeskommentierungen verfasst:

Dr. Truiken Heydn:                          §§ 249–254, 823, 826 BGB; §§ 1–4 ProdHaftG; §§ 1–3, 6 ProdSG

Dr. Michael Karger:                         §§ 315–319 BGB

Dr. Thomas Stögmüller:                 §§ 266, 269, 271, 273, 320–326 BGB

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