TCI auf den Kölner Tagen IT-Recht 2024

Wir freuen uns, dass TCI auch in diesem Jahr auf den Kölner Tagen IT-Recht des Verlags Dr. Otto Schmidt (07.03. und 08.03.2024) vertreten ist.

Dr. Michael Karger (TCI München) übernimmt gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Sibylle Gierschmann (Gierschmann Legal, Hamburg) die Leitung der Tagung. Dr. Thomas Stögmüller referiert zum Thema „Computerprogramme: Gesetzliche Mindestrechte des berechtigten Nutzers“.

Die Hybrid-Tagung unter dem Titel „Von der Datenbeschaffung bis zur Lizenz“ deckt eine Vielzahl aktueller Themen des IT-Rechts ab, darunter:

  • EU-Datenstrategie und rechtliche Umsetzung (u.a. Data Governance Act, Data Act)
  • Datenüberlassungs-Verträge im Lichte des Data Act
  • Datenbeschaffung durch Data Scraping
  • AI Act: Herausforderungen für die Praxis
  • Ethics und Compliance by Design in IT-Verträgen
  • Globale Perspektive: Wettstreitende Regulierungsmodelle (USA, EU, China)
  • Softwarekomponenten als urheberrechtliche Schutzgegenstände
  • Gesetzliche Mindestrechte an Computerprogrammen
  • Patentierbarkeit von Software und KI-Systemen
  • Neues IT-Sicherheitsrecht: Relevanz für IT-Verträge
  • „Digitale Produkte“ als Vertragsgegenstand

Die Tagung ist ein „Muss“ für alle Praktiker, die sich mit der Digitalstrategie auf europäischer und globaler Ebene auseinandersetzen. Sie liefert konkrete Hilfestellungen zur Vertragsgestaltung und gibt ein Update zu den neusten rechtlichen Entwicklungen im IT-Recht.

Ein Themenschwerpunkt ist der Zugang zu Daten sowie der Umgang mit der Regulierung von KI. Dabei legt die Veranstaltung Wert darauf, nicht nur die europäische Strategie zur Regulierung des Datenrechts, sondern auch die globale Perspektive auf wettstreitende Regulierungsmodelle zu berücksichtigen. Ungeachtet der Regulierungsfragen geht die Tagung auf konkrete rechtliche Fragen beim Einsatz von KI-Systemen ein und arbeitet die insoweit naheliegenden Anforderungen an die Vertragsgestaltung heraus. Zudem gehen die Referenten auf umstrittene Fragen zum Urheber- und Patentschutz von IT-Systemen ein. Konkret wird es auch bei der Gestaltung von IT-Verträgen unter dem Blickwinkel des neuen IT-Sicherheitsrechts oder im Hinblick auf digitale Produkte.

Zielgruppe: Rechtsanwälte, Richter, Justiziare und IT-Verantwortliche in Unternehmen, Behörden und Verbänden.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer schätzen an den Kölner Tagen IT die ebenso professionelle wie kollegiale und informelle Atmosphäre als Grundlage für Erfahrungsaustausch und Networking.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier https://www.otto-schmidt.de/koelner-tage-it-recht.

Zum Umgang mit Mitarbeiterfotos und -filmaufnahmen zu Werbezwecken

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob einem Arbeitnehmer ein datenschutzrechtlicher Schadensersatzanspruch zusteht, wenn die Arbeitgeberin Foto- und Filmaufnahmen, auf denen der Arbeitnehmer zu sehen ist, nach dessen Ausscheiden aus dem Unternehmen zu Werbezwecken weiterverwendet.

Unzulässige Bildernutzung nach Vertragsende

Das Gericht entschied in diesem Fall, dass die Arbeitgeberin durch die unrechtmäßige Weiterverwendung der Foto- und Filmaufnahmen über das Arbeitsvertragsende hinaus, ein „das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers erheblich verletzendes Verhalten an den Tag gelegt habe“ und dem Arbeitnehmer daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.000 € zustehe (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2023, Az. 3 Sa 33/22).

Arbeitgeber stellen sich nun zu Recht die Frage, wie sie sich in einem solchen Fall vor möglichen Schadenersatzansprüchen ehemaliger Arbeitnehmer schützen können.

Rechtsgrundlage für die Nutzung von Mitarbeiterfotos

Um diese Frage beantworten zu können, ist zunächst zu beleuchten, auf welcher Rechtsgrundlage die Nutzung der Mitarbeiterfotos und -videos erfolgt. Denn bekanntlich handelt es sich bei Fotos und Videos, auf denen Personen erkennbar abgebildet sind, um personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO. Daraus folgt, dass diese nur verarbeitet, also genutzt werden dürfen, wenn dies auf der Grundlage eines in Art. 6 Abs. 1 DSGVO genannten Erlaubnistatbestandes erfolgt.

Als Erlaubnistatbestände kommen in der genannten Konstellation die Einwilligung (lit. a), eine vertragliche Vereinbarung (lit. b) oder das Vorliegen eines berechtigten Interesses (lit. f) in Betracht.

Einwilligung der Mitarbeiter

Geht man die einzelnen Erlaubnistatbestände durch, stellt man fest, dass sich bei der Einwilligung (lit. a) gleich zwei Probleme stellen. Zum einen bezüglich der Freiwilligkeit und zum anderen im Zusammenhang mit der Widerruflichkeit der Einwilligung.

Aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber kann dieser seine Einwilligung in der Regel nicht freiwillig erteilen. Selbst wenn er sie ausnahmsweise freiwillig erteilen könnte, führt das Recht, sie jederzeit frei widerrufen zu können, dazu, dass die Position des Arbeitgebers keineswegs gesichert ist.

Widerruft der Arbeitnehmer die einmal erteilte Einwilligung, kann sich der Arbeitgeber für die Zukunft nicht mehr auf diesen Erlaubnistatbestand berufen.

Konkret bedeutet dies: Hat der Arbeitnehmer während seines Arbeitsverhältnisses in die Verwendung von Foto- und Filmaufnahmen zu Werbezwecken eingewilligt, so gilt diese Einwilligung nur so lange, sie nicht widerrufen wird.

Berechtigte Interessen des Arbeitgebers?

Denkbar wäre nun, in einem solchen Fall den Auffangtatbestand (lit. f) heranzuziehen und ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Weiterverwendung der Aufnahmen zu bejahen.

Allerdings wird es schwerlich möglich sein, die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers an der Weiterverwendung von Werbematerialien gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu Gunsten des Arbeitgebers abzuwägen.

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer z.B. inzwischen für einen Konkurrenten des Arbeitgebers tätig ist (so im Fall des LAG Baden-Württemberg), muss letztlich zum Überwiegen der Interessen des Arbeitnehmers führen.

Insgesamt ist Arbeitgebern eher davon abzuraten, sich in solchen Fällen auf ein berechtigtes Interesse zu berufen, da dieser Erlaubnistatbestand tatsächlich nicht geeignet ist, als Regel für eine Vielzahl von Fällen zu gelten. Vielmehr bedarf es stets einer Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall.

Praxistipp: Vertragliche Vereinbarung

Zu raten ist Arbeitgebern daher, in solchen Fällen eine vertragliche Vereinbarung (lit. b) mit dem jeweiligen Arbeitnehmer über die Anfertigung und Nutzung von Foto- und Filmaufnahmen zu Werbezwecken zu treffen.

In dieser Vereinbarung kann sowohl die Verwendung der Aufnahmen als auch deren Nutzung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus DSGVO-konform geregelt werden.  Zu beachten ist jedoch, dass die Vereinbarung für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein muss.

Das heißt, sie darf sich nicht darauf beschränken, dem Arbeitgeber Nutzungsrechte an den Aufnahmen einzuräumen, ohne dass der Arbeitnehmer dafür eine angemessene Gegenleistung erhält. Denn ist dies der Fall, stellt sich im Grunde das gleiche Problem wie bei der Freiwilligkeit der Einwilligung, was die vertragliche Vereinbarung letztlich angreifbar machen würde.

Sie haben Fragen zu diesem Thema oder zu datenschutzrechtlichen Themen im Allgemeinen? Benötigen Sie Unterstützung bei der Umsetzung datenschutzrechtlicher Maßnahmen? Wir unterstützen Sie gern. Sprechen Sie uns an.

Neue Rechtsprechung des BGH zur Form von Unterlassungserklärungen

Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung kann als PDF-Datei per E-Mail übersandt werden. Das hat der für gewerblichen Rechtsschutz, Urheberrecht und unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des BGH entschieden (Urteil vom 12.1.2023 – I ZR 49/22). Aber Vorsicht: Das gilt zum einen nur für Kaufleute, und zum anderen kann der Abmahnende die Annahme der Unterlassungserklärung ablehnen, wenn er eine Übersendung in Schriftform per Post verlangt hat.

Sachverhalt

Eine Gewerbetreibende hatte im Jahr 2021 ohne Zustimmung eine Werbe-E-Mail für medizinische Masken und eine weitere Werbe-E-Mail für Corona-Schnelltests erhalten. Sie mahnte den Absender der E-Mails ab und forderte ihn unter Fristsetzung zur Unterzeichnung einer Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. In der Abmahnung wies sie darauf hin, dass eine Versendung der Erklärung vorab per Fax oder E-Mail genüge, sofern das entsprechende Original spätestens zwei Tage nach Ablauf der gesetzten Frist eingehe. Der Absender der Werbe-E-Mails übersandte innerhalb der gesetzten Frist die gewünschte Erklärung in Textform per E-Mail und hängte an die E-Mail die unterschriebene Unterlassungserklärung als PDF an. Daraufhin teilte die Gewerbetreibende dem Absender der Werbe-E-Mails mit, dass die Angelegenheit mit der Übersendung per E-Mail nicht erledigt sei und dass sie den Vorgang zur Klageerhebung weitergeleitet habe und beauftragte ihren Rechtsanwalt mit der Klageerhebung. Es ging also nur um die Frage, in welcher Form eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben werden muss, und ob eine unterschriebene, als PDF übersandte Unterlassungsverpflichtungserklärung ausreichend ist.

Entscheidung

Wiederholungsgefahr als Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch

Die unverlangte Zusendung von Werbe-E-Mails an Gewerbetreibende stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Nach ständiger Rechtsprechung begründet die Begehung einer unerlaubten Handlung eine Wiederholungsgefahr. Die Gewerbetreibende kann daher gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB Unterlassung verlangen. Die Wiederholungsgefahr entfällt, wenn der Verletzer eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt. Bestehen jedoch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungserklärung, entfällt die Wiederholungsgefahr nicht.

Form der Unterlassungsverpflichtungserklärung

Die Unterlassungsverpflichtungserklärung unterliegt zwar keinem gesetzlichen Formzwang im Sinne von § 126 Abs. 1 BGB; die Vereinbarung, auf die die Unterlassungsverpflichtungserklärung abzielt, stellt aber ein abstraktes Schuldanerkenntnis dar und unterliegt daher grundsätzlich dem Schriftformerfordernis gemäß §§ 780 Satz 1, 781 Satz 1 BGB. Wird die Unterlassungsverpflichtungserklärung allerdings von einem Kaufmann im Rahmen seines Handelsgewerbes abgegeben, entfällt das Schriftformerfordernis gemäß §§ 343 Abs. 1, 350 HGB.

Keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterlassungsverpflichtungserklärung

Der BGH hatte vor mehr als 30 Jahren entschieden, dass eine Unterlassungsverpflichtungserklärung per Fernschreiben nicht ausreichend ist, weil ein Fernschreiben maschinell gefertigt und nicht unterzeichnet ist, woraus sich Zweifel an der Urheberschaft der Erklärung ergeben können. Diese Zweifel, so der BGH in der aktuellen Entscheidung, bestehen bei der Übersendung einer unterschriebenen Unterlassungserklärung per E-Mail nicht. Bei der Beurteilung der Ernsthaftigkeit müssen die seit dem Gebrauch von Fernschreiben fortgeschrittene Entwicklung der Technik und die Usancen des Rechtsverkehrs berücksichtigt werden, dass sich zwischenzeitlich die Übermittlung von rechtsverbindlichen Erklärungen per E-Mail im Geschäfts- und Rechtsverkehr durchgesetzt hat.

Überraschende Wendung

In dem Fall gab es dann aber doch noch eine überraschende Wendung. Denn der BGH hat Ende 2022 seine Rechtsprechung zum Wegfall der Wiederholungsgefahr geändert. Nach früherer Rechtsprechung genügte für den Wegfall der Wiederholungsgefahr der Zugang einer einseitig vom Unterlassungsschuldner abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung, und zwar auch dann, wenn der Gläubiger die Annahme der Unterlassungserklärung ablehnte.

Ablehnung der Unterlassungserklärung durch den Unterlassungsgläubiger

Von dieser Rechtsprechung ist der I. Zivilsenat des BGH abgerückt: Mit Urteil vom 1.12.2022 – I ZR 144/21 hat er entschieden, dass es an einem Wegfall der Wiederholungsgefahr fehlt, wenn und sobald der Unterlassungsgläubiger die Annahme der Unterlassungserklärung gegenüber dem Schuldner ablehnt. Denn dann kommt der vom Schuldner durch Abgabe der Unterlassungserklärung angebotene Unterlassungsvertrag nicht zustande, und der Gläubiger kann im wiederholten Verletzungsfall die Vertragsstrafe nicht verlangen. Da auch im aktuellen Fall die Gläubigerin die per E-Mail übersandte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgelehnt hat, war mit der Ablehnung des Unterlassungsvertrags die Wiederholungsgefahr nicht mehr weggefallen.

Verlangen einer bestimmten Unterlassungserklärung durch den Gläubiger

Anders ist es nur, wenn der Gläubiger mit der Abmahnung eine bestimmte Unterlassungserklärung verlangt, und der Schuldner diese unverändert abgibt. Denn dann hat der Gläubiger dem Schuldner ein Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages unterbreitet, und der Schuldner hat dieses angenommen. Gibt der Schuldner hingegen eine Unterlassungserklärung ab, die von der vom Gläubiger verlangten Unterlassungserklärung nur geringfügig und unwesentlich abweicht, stellt dies keine Annahme des Angebots des Gläubigers dar, sondern ein neues Angebot auf Abschluss eines (abgeänderten) Unterlassungsvertrages (§ 150 Abs. 2 BGB).

Im aktuellen Fall sah der BGH in der Abmahnung eine Aufforderung zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages unter Einhaltung einer gewillkürten Schriftform gemäß § 127 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BGB. Dieser Aufforderung kam der Schuldner nicht nach, da er lediglich eine nicht der Schriftform genügende PDF-Datei per E-Mail übersandt hatte. Die Übersendung der PDF-Datei stellte daher eine Ablehnung der Vereinbarung der gewillten Schriftform verbunden mit einem neuen Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages in Textform dar. Dieses Angebot konnte die Unterlassungsgläubigerin ablehnen.

Fazit

Bei der Abgabe von Unterlassungserklärungen sind die Anweisungen des Abmahnenden hinsichtlich der Form der Unterlassungserklärung genau zu befolgen. Nur wenn der Abgemahnte Kaufmann ist und in der Abmahnung keine besondere Form der Unterlassungserklärung verlangt wird, ist die Unterzeichnung und Übersendung als PDF-Datei ausreichend.

Mitarbeiterfotos und Artikel 9 DSGVO

Heutzutage stellt fast jedes Unternehmen auf seiner Website nicht nur grundlegende Informationen über seine Aktivitäten und Kontaktdaten, sondern auch einen Bereich für das Team mit einer Darstellung der Mitarbeiter bereit. So können Kunden oder Geschäftspartner erfahren, wer die Ansprechpartner in den einzelnen Abteilungen des Unternehmens sind. Das Hinzufügen eines Fotos eines Mitarbeiters kann sicherstellen, dass die Kommunikation nicht zu unpersönlich wirkt. Allerdings können Mitarbeiterfotos mehr Informationen enthalten, als es auf den ersten Blick scheint.

Art. 9 DSGVO: Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten

Die Veröffentlichung von Mitarbeiterbildern kann Bedenken hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten aufwerfen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Veröffentlichung von Mitarbeiterbildern zu einer Veröffentlichung „besonderer Kategorien personenbezogener Daten“ nach Art. 9 DSVGO führt. Art. 9 DSGVO stellt besondere Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die ethnische oder rassische Herkunft hervorgeht oder die Informationen über den Gesundheitszustand enthalten. Kann ein Foto solche besonders sensiblen Daten enthalten, auch wenn diese sich nur indirekt aus dem Foto ergeben? Das Äußere, die Hautfarbe, kann z.B. Hinweise auf ethnische Herkunft und Rassenzugehörigkeit geben. Das Tragen einer Brille informiert über Kurzsichtigkeit und ist damit eine Information über den Gesundheitszustand. Symbole wie beispielsweise Kreuze können auf eine religiöse Konfession hinweisen. Ist das aber ausreichend um Mitarbeiterfotos als besonders geschützte Daten im Sinne von Art. 9 DSGVO zu qualifizieren?

Rechtsprechung EuGH, 01.08.2022 – C-184/20

Zu diesem Thema hat sich der Gerichtshof in seinem Urteil vom 1. August 2022 geäußert. Im vorliegenden Fall ging es um Inhalte, die indirekt Rückschlüsse auf sensible Daten (in diesem Fall die sexuelle Orientierung) natürlicher Personen zuließen und auf der Website einer Behörde veröffentlicht waren. Dabei hat der EuGH den Begriff der „besonderen Kategorien personenbezogener Daten“ weit ausgelegt. Auch Daten, die indirekt sensible Informationen über eine natürliche Person offenbaren können, werden von Art. 9 Abs. 1 DSGVO erfasst, da andernfalls die praktische Wirksamkeit des Art. 9 DSGVO und der damit bezweckte Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen beeinträchtigt würde (Rn. 127 des Urteils).

Folgt man dieser Auffassung, können auch Fotos „besondere Kategorien personenbezogener Daten“ enthalten, wenn die Fotografie eines Mitarbeiters Merkmale enthält, die indirekt auf sensible Informationen hinweisen bzw. wenn aus der Fotografie solche Merkmale hervorgehen. Das bedeutet, dass in diesem Fall Art. 9 DSGVO Anwendung findet.

Nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten untersagt, es sei denn es liegt eine Einwilligung vor (Art. 9 Abs. 1a DSGVO) oder die Verarbeitung dieser besonders geschützten Daten ist im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erforderlich (§ 26 Abs. 3 BDSG).

Die Veröffentlichung von Mitarbeiterfotos wird aber i.d.R. nicht zwingend erforderlich sein. Natürlich gibt es Berufe, in denen die Veröffentlichung von Bildern notwendig ist, z.B. als Model oder Schauspieler – das sind aber Ausnahmefälle. Sie bedarf deshalb (fast) immer der Einwilligung der betroffenen Mitarbeiter. Die Einwilligung muss freiwillig und informiert sein und sollte am besten in schriftlicher Form erfolgen (dies ist zwar nicht zwingend, aber empfehlenswert). Wenn das Foto bestimmte Merkmale enthält, die als besonders sensible Daten betrachtet werden könnten, sollten diese in der Einwilligung ausdrücklich erwähnt werden. Wichtig ist, dass die Einwilligung freiwillig und ohne Zwang erfolgt. Eine Ablehnung der Einwilligung zur Veröffentlichung darf nicht mit Nachteilen für die betroffenen Mitarbeiter verbunden sein.

<strong>ChatGPT – Ein kurzer Überblick</strong>

Nichts wurde in den letzten Wochen in den Medien so ausführlich diskutiert wie das KI-basierte System ChatGPT von OpenAI.

So war zu lesen, dass Studenten bereits das Ende der selbstgeschriebenen Hausarbeiten feiern. Microsoft mit launischen Chatbots kämpft. Unternehmen wie Amazon sich um ihre gut gehüteten Geschäftsgeheimnisse sorgen und Juristen viele Fragen zu Thema Datenschutz und Urheberrecht aufwerfen.

Wie funktioniert ChatGPT?

ChatGPT ist ein KI-basiertes Chatbot-System, das im Gegensatz zu bestehenden Chatbots nicht auf ein bestimmtes Thema oder Anwendungsgebiet beschränkt ist. ChatGPT verwendet Sprachmodelle, die mit großen Datenmengen programmiert wurden, sogenannte Large Language Models (LLM). Die KI lernt in den ersten Schritten nach dem Prinzip des Reinforcement Learning from Human Feedback (RLHF). Dabei entwickelt die KI selbstständig eine Strategie, die durch Belohnung für positives Feedback und Bestrafung für negatives Feedback gesteuert wird, und optimiert sich so auf der höchsten Stufe durch die sogenannte Proximal Policy Optimization (PPO) selbst.

So kann ChatGPT auf fast jede Frage eine verblüffend plausible und menschlich klingende Antwort geben. Der Chatbot kann aber nicht nur Fragen aus allen möglichen Bereichen beantworten, sondern auch Texte schreiben, Lieder komponieren oder Software-Code programmieren.

Da die Trainingsdaten des Programms aus dem Jahr 2021 und früher stammen, ist der Wissensstand nicht ganz aktuell. OpenAI arbeitet aber bereits an Anwendungen, die auf aktuelle Informationen aus dem Internet zugreifen können.  Als weitere Informationsquelle nutzt die KI die Informationen, die der Nutzer bei der Nutzung des Programms eingibt und die Inhalte, die die KI darauf auswirft. Die Nutzungsbedingungen von OpenAI sehen vor, dass diese Informationen, der sogenannte Content, für die Weiterentwicklung und Verbesserung des Programms genutzt werden dürfen.

Wo liegen die (rechtlichen) Probleme?

Eines der größten allgemein diskutierten Probleme ist, dass das Programm nicht selten falsche Antworten gibt, die für den Benutzer plausibel erscheinen und daher nicht als solche erkannt werden.

OpenAI gibt nach der Anmeldung folgende Warnmeldung aus:

Quelle: chat.openai.com

Diese Warnung führt natürlich nicht dazu, dass die Benutzer eine falsche Antwort eher als falsch erkennen. Sie schafft, wenn überhaupt, nur ein gewisses Bewusstsein dafür, dass es auch falsche Antworten geben kann.

Damit der Nutzer erkennen kann, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Antwort richtig oder falsch ist, wäre in jedem Fall die Angabe der Quelle, aus der die Information stammt, hilfreich. Denn je vertrauenswürdiger die Quelle ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort richtig ist. Leider gibt es bei ChatGPT bisher keine Quellenangabe.

Vertrauliche Daten und Datenschutz

Die größte Unbekannte im Zusammenhang mit ChatGPT, der Verwendung von vertraulichen Daten und Datenschutzfragen ist der Benutzer selbst.

Oft ist es der Benutzer, der freiwillig persönliche oder vertrauliche Daten in ChatGPT eingibt. Zum Beispiel, weil die Daten benötigt werden, damit die KI ein brauchbares Ergebnis liefert. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an den theoretischen Fall eines Mitarbeiters, der ChatGPT als HR-Tool zur Erstellung von Arbeitszeugnissen oder als Programmierhilfe nutzt und dabei personenbezogene oder vertrauliche interne Daten in das Programm eingibt.

Die Nutzungsbedingungen sehen zwar vor, dass das Programm nicht so verwendet werden darf, dass Rechte Dritter verletzt werden, dies verhindert aber nicht, dass der Nutzer dennoch unbedacht vertrauliche oder personenbezogene Informationen in das Programm eingibt.

Informationen, die auf diese Weise in die Trainingsdaten gelangen, können sich dann in den Antworten wiederfinden, die ein anderer Nutzer erhält.

Auch hier gibt ChatGPT eine entsprechende Warnung aus:

Quelle: chat.openai.com

Diese Warnung verhindert nicht, dass im Zweifelsfall dennoch sensible Daten eingegeben werden, sondern kann allenfalls dazu beitragen, das Problembewusstsein des Nutzers überhaupt erst zu wecken.

Urheberrecht – Trainingsdaten

Die Urheberrechtsnovelle, die Mitte 2021 in Kraft trat, enthält mit § 44b UrhG eine Regelung, die die Auswertung frei zugänglicher Werke für Text- und Data-Mining ausdrücklich erlaubt. Für KI-Trainingsdaten bedeutet dies, dass urheberrechtliche geschützte Werke genutzt werden dürfen, wenn und soweit sie frei zugänglich und rechtmäßig im Internet verfügbar sind. Dies gilt jedoch nicht schrankenlos. Rechteinhaber können die Nutzung ihrer öffentlich zugänglichen Werke untersagen. Dazu muss lediglich ein ausdrücklicher Nutzungsvorbehalt maschinenlesbar auf der Website hinterlegt werden. Es stellt sich jedoch die Frage, was passiert, wenn ein Rechteinhaber sich für ein Nutzungsverbot entscheidet, nachdem eine KI mit seinem Werk trainiert wurde. Um den Rechten des Rechteinhabers Rechnung zu tragen, müssten solche Daten nachträglich aus den Trainingsdaten der KI gelöscht werden. Die KI müsste sie sozusagen vergessen.

Urheberrecht – KI-generierte Inhalte

Stellt man ChatGPT die Frage, wem nach deutschem Recht das Urheberrecht an Inhalten zusteht, die von einer KI erstellt wurden, erhält man folgende Antwort:

Nach deutschem Recht steht das Urheberrecht grundsätzlich demjenigen zu, der das Werk geschaffen hat. Da eine KI als Maschine keine natürliche Person ist, kann sie kein Urheber im Sinne des Urheberrechtsgesetzes sein.

In Deutschland wird diskutiert, ob eine KI als „Schöpfer“ eines Werks anerkannt werden soll, wenn sie das Werk ohne menschliches Zutun oder nur aufgrund von menschlichen Vorgaben erstellt hat. Bislang gibt es jedoch keine eindeutige gesetzliche Regelung dazu.

In der Praxis wird das Urheberrecht an von KI erstellten Werken in der Regel demjenigen zugesprochen, der die KI programmiert oder eingesetzt hat. Auch hier gibt es jedoch in bestimmten Fällen juristische Unklarheiten und Herausforderungen.

Dies ist eine verblüffend gute Antwort. Sie bedarf jedoch einer kleinen Korrektur. Der Code einer Software ist urheberrechtlich geschützt. Das heißt, dem Entwickler der Software steht das Urheberrecht an der Software als solcher zu. Das gilt aber nicht für die Produkte, die aus der Software entstehen.

Auch derjenige der die Software eingesetzt, ist nicht der Urheber des von der Software erzeugten Produkts, da es gerade nicht seine eigne persönliche geistige Schöpfung ist.

Da die von einer KI erstellten Inhalte nach dem UrhG grundsätzlich keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, können sie von jedermann frei genutzt werden.

Insofern ist die Regelung in den OpenAI-Nutzungsbedingungen, wonach OpenAI dem Nutzer alle OpenAI zustehenden Rechte am Output einräumt, nach deutschem Rechtsverständnis unsinnig. Denn OpenAI stehen keine Rechte zu, die übertragen werden könnten.

Zudem erweckt diese Regelung den Eindruck, dass der Nutzer die von der KI generierten Inhalte uneingeschränkt nutzen kann. Dies ist aber nicht immer der Fall. Vorsicht ist immer dann geboten, wenn der von der KI generierte Inhalt urheberrechtlich geschütztes Material enthält. Denn dann würde die Nutzung der Inhalte eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

Fazit

ChatGPT ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Fortschritte im Bereich der KI-Technologie. Es steht außer Frage, dass die KI-Technologie mittlerweile ein so hohes Niveau erreicht hat, dass sie das Potenzial hat, die Arbeit in vielen Branchen nachhaltig zu verändern. Wie genau dieser Veränderungsprozess ablaufen wird und welche Rolle dabei die derzeit noch bestehenden rechtlichen Unsicherheiten spielen werden, bleibt abzuwarten. Nach derzeitigem Stand ist jeder Nutzer selbst dafür verantwortlich, dass bei der Nutzung von ChatGPT keine Rechte Dritter verletzt werden. Unter Compliance-Gesichtspunkten ist daher für den Einsatz des Programms im unternehmerischen Umfeld dringend zu empfehlen, den eigenen Mitarbeitern ein Regelwerk für den Umgang mit ChatGPT an die Hand zu geben.

Eine gezielte Beratung von Unternehmen zum Einsatz von KI ist insbesondere vor dem Hintergrund der kommenden KI-Verordnung sinnvoll. Denn diese knüpft besondere Pflichten an den Einsatz von KI in Unternehmen. Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang. Sprechen Sie uns an!

Dieser Artikel wurde mit Hilfe von KI optimiert. Das Lektorat erfolgte durch DeepL Write.

Neues von der Marke „Black Friday“ vor dem nächsten Black Friday

Die Marke „Black Friday“ hat in den vergangenen Jahren für einigen Wirbel gesorgt, nachdem sich ein Wettbewerbsteilnehmer diese Bezeichnung für umfangreiche Waren und Dienstleistungen hat sichern lassen und Mitbewerber wegen Markenverletzung in Anspruch genommen hatte.

Black Friday wird in den USA der Freitag nach Thanksgiving genannt. Da Thanksgiving immer auf den vierten Donnerstag im November fällt, gilt der darauffolgende Freitag als Start in ein traditionelles Familienwochenende und als Beginn der Weihnachtseinkaufsaison. Der Black Friday ist im Wesentlichen eine Verkaufsveranstaltung des Einzelhandels, die Rabatte in den Fokus stellt und zum Kauf von Produkten als erste Weihnachtsgeschenke verführen soll. Mittlerweile ist die Rabattaktion in vielen Industrienationen, so auch hierzulande bei zeitlicher Übereinstimmung sowohl im stationären als auch Online-Handel übernommen worden. Der diesjährige Black Friday fällt auf den 25.11.2022 und viele Händler fragen sich auch in diesem Jahr, ob sie den Begriff „Black Friday“ für ihre Sonderangebote bedenkenlos verwenden können.

Der Ursprung der markenrechtlichen Auseinandersetzungen lag darin, dass sich ein Unternehmensgeflecht aus Österreich / Hong Kong die Bezeichnung „Black Friday“ als u. a. als deutsche Wortmarke für zahlreiche Waren und Dienstleistungen sichern ließ und das Deutsche Patent- und Markenamt diese Marke seinerzeit im Jahre 2013 für eintragungsfähig erachtet hatte. Daraufhin machte der Markeninhaber beflügelt durch die Markeneintragung die vermeintlich zu seinen Gunsten monopolisierten Kennzeichenrechte auch geltend, was zu Diskussionen um die Schutzfähigkeit der Bezeichnung „Black Friday“ und zu unzähligen Löschungsanträgen führte. Denn als Wortmarke können nur solche Begriffe eingetragen werden, die unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sind. Und wenn eine in den USA jahrzehntelang eingeführte Marketingaktion namens „Black Friday“ in Europa respektive in Deutschland ihren Erfolg fortsetzen möchte, spricht einiges dafür, dass diese Begrifflichkeit auch von allen Marktteilnehmern und nicht nur in Lizenz eines einzigen Markeninhabers genutzt werden darf.

Ähnlich, wenngleich mit unterschiedlicher Schattierung, sahen es letztlich auch die Gerichte, die mit dieser Frage infolge der zahlreichen Löschungsverfahren konfrontiert wurden. Nachdem das Bundespatentgericht und im gleichen Rechtszug auch der Bundesgerichtshof bereits in den Jahren 2020 bzw. 2021 entschieden hatten, dass der Eintragung der Bezeichnung „Black Friday“ zumindest für sämtliche Dienstleistungen im Bereich der Werbung (Klasse 35) ein Freihaltebedürfnis entgegen stehe und die Marke daraufhin zumindest teilweise gelöscht werden musste, hat nun vor wenigen Tagen auch das Berliner Kammergericht entschieden, dass die Marke „Black Friday“ jedenfalls wegen Verfalls in Gänze gelöscht werden müsse (KG Berlin, Urteil vom 14.10.2022, Az.: 5 U 46/21). Das Landgericht Berlin sei zuvor, so das Kammergericht, zu Recht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Benutzung der Marke im Rahmen einer Klage auf Erklärung des Verfalls nach §§ 26, 49, 55 MarkenG nicht beim Kläger, sondern bei der Beklagten, also beim Inhaber der angegriffenen Marke liegt. Die Revision wurde offenbar nicht zugelassen, so dass der Streit um die Marke „Black Friday“ nun endgültig ein baldiges Ende finden könnte.

Für Händler, Agenturen und Affiliate-Partner bedeutet dies, dass die Bezeichnung „Black Friday“ wohl in diesem Jahr erstmals relativ bedenkenlos für Werbedienstleistungen, Marketingaktionen und Rabattverkäufe sowie im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen genutzt werden darf. Wir beraten Sie gerne im Vorfeld einer angestrebten Verwendung einer Bezeichnung oder im Rahmen einer Markenanmeldung. Sprechen Sie uns an!

Vervielfältigungen von gemeinfreien Kunstwerken

Bereits am 07.06.2021 trat der neue § 68 UrhG in Folge der Umsetzung der europäischen „Urheberrechtsrichtlinie“ (DSM-RL) in Kraft. Mit diesem ändert sich der rechtliche Umgang mit Vervielfältigungen gemeinfreier Werke. Bisher konnten z.B. Fotos gemeinfreier Werke noch unter den Lichtbildschutz des § 72 UrhG fallen.

1. Änderung der Rechtslage

a.

In Museen ausgestellte Gemälde oder sonstige Kunstwerke, stammen oft von Urhebern, die vor mehr als siebzig Jahren verstorben sind. Sie stellen dann gemeinfreie Werke dar, deren urheberrechtlicher Schutz erloschen ist. Nach bisheriger Rechtslage war die Nutzung von Kopien oder Fotografien solcher Werke für Dritte stark eingeschränkt.

So gab der BGH (BGH GRUR 2019, 284 – Museumsfotos) nach alter Rechtslage der Unterlassungsklage eines Museums gegen die Verbreitung von Kopien aus dem Museumskatalog und von Fotos von Werken, die in dem Museum aufgenommen wurden, statt. Das Fotografieren innerhalb des Museums verstieß im konkreten Fall gegen die Hausordnung des Museums und die Abbildungen innerhalb des Museumskatalogs unterstanden laut dem BGH dem Lichtbildschutz des § 72 UrhG. Auch wenn Museen eine kulturelle Verpflichtung hätten, den Zugang zu ausgestellten Werken zu ermöglichen, durften Museumsbetreiber das Fotografieren ihrer Werke durch AGB verbieten und auch anschließend die Verbreitung untersagen.

Im Zuge dieser Rechtsprechung konnten Museen diesen Schutz für den Verkauf von Abbildungen nutzen. Es bestand aber eine Unsicherheit darüber, welche Abbildungen, die nicht vom Inhaber selbst verkauft wurden, genutzt werden durften. Durch § 68 UrhG ändert sich dies nun.

b.

Seit Inkrafttreten von § 68 UrhG erhalten Vervielfältigungen „visueller Werke“ keine verwandten Schutzrechte nach den Teilen 2 und 3 des UrhG mehr. Die Bereichsausnahme des § 68 UrhG gilt sowohl für neue Reproduktionen die nach dem Inkrafttreten der Regelung gefertigt worden sind als auch für Bestandsfälle bereits zuvor gefertigter Reproduktionen (amtl. Begr. BT-Drs. 19/27426, 105). Diese Rückwirkung wird unter dem Aspekt von Art. 14 GG kritisiert (vgl. BeckOK UrhR/Freudenberg, 33. Ed. 15.1.2022, UrhG § 68 Rn. 15).

In logischer Konsequenz zur Gesetzesbegründung können Vervielfältigungen nur so lange verwandte Schutzrechte entfalten, wie die vervielfältigten Werke selbst noch nicht gemeinfrei sind. Sobald ein Werk aber gemeinfrei wird, verlieren auch die Vervielfältigungen ihre Schutzrechte.

In der o.g. Entscheidung ging der BGH davon aus, dass Vervielfältigungen regelmäßig, auch wenn sie lediglich kopieren und nicht einfallsreich sind, eine ausreichende geistige Leistung darstellen, um einen Lichtbildschutz im Sinne von § 72 UrhG zu begründen. Obwohl die Zielsetzung keine besonders kreative, sondern eine möglichst originalgetreue Darstellung sei, müsse auch hierfür ein Mindestmaß an handwerklicher Leistung erbracht werden, die für diesen Schutz ausreiche.

Da das Maß der geistigen Schöpfung einer (reinen) Vervielfältigung regelmäßig nicht ausreicht, um ein Lichtbildwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG darzustellen, dürften die meisten Vervielfältigungen gemeinfreier visueller Werke nach neuer Rechtslage nun frei verwendet werden, da sie weder als Lichtbildwerke noch als Lichtbilder Schutzrechte entfalten.

2. Andere Möglichkeiten der Einschränkung der Nutzung von Vervielfältigungen?

Museen werden sich daher die Frage stellen, ob Ihnen andere Möglichkeiten bleiben, fremde Vervielfältigungen zu untersagen.

a.

In Betracht kommen hierfür noch immer die Geschäftsbedingen für den Museumsbesuch. Zumindest ein Verbot des Fotografierens mit Blitz dürfte allein schon zum Schutz ausgestellter Gemälde angemessen und wirksam sein. Aber auch ein allgemeines Fotografie-Verbot betrachtete der BGH nicht als unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, da es dem „ordnungsgemäßen Ablauf des Museumsbetriebs“ dienen könne (BGH GRUR 2019, 284, Rn. 55).

Ein Fotografierverbot im Rahmen eines vertraglichen Museumsbesuches könnte somit weiter ausgesprochen werden. Da aber ein solches Verbot nur unter den Vertragsparteien gilt, wird die Untersagung der Nutzung solcher (vertragswidrig hergestellter) Fotos durch Dritte schwer durchzusetzen sein.

b.

Bei Immobilien entschied der BGH, dass ein Eigentümer über sein Hausrecht das Fotografieren des Gebäudes vom Grundstück aus verbieten könne (GRUR 2011, 321 – Preußische Gärten und Parkanlagen – Schloss Sansouci). Damit könnte ein Unterlassen auch über das Hausrecht gegenüber einem Besucher geltend gemacht werden, der vor Ort eine Fotografie von Werken anfertigte. Ein Dritter (bspw. Plattformbetreiber) hingegen ist nach der Rechtsprechung des BGH dann als Störer für eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums durch ungenehmigte Verwertung von Fotos des Grundstücks verantwortlich, wenn die Eigentumsverletzung für ihn erkennbar und zurechenbar war. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Einem Plattformbetreiber ist es nach Ansicht des BGH nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen.

c.

Ob Museumsbetreiber als Eigentümer der ausgestellten Werke einen aus dem Eigentum an der Sache abgeleiteten Unterlassungsanspruch geltend machen können, ist fraglich und dürfte vor dem Hintergrund des § 68 UrhG abzulehnen sein.

3. Fazit

Die Nutzung von Reproduktionen gemeinfreier Werke im Internet dürfte durch den neuen § 68 UrhG nur aus urheberechtlichen Gesichtspunkten zu mehr Rechtssicherheit führen.

In Bezug auf die Verwertung solcher Fotografien und einer möglichen Verletzung des Eigentumsrechtes am Grundstück dürfte weiterhin die Rechtsprechung des BGH zu Schloss Sanssouci Anwendung finden, wonach eine Haftung im Rahmen der Störerhaftung eintreten kann.  

Zur Dringlichkeit einer urheberrechtlichen Verletzung nach deren Beseitigung durch den Täter

Sachverhalt

In der gegenständlichen Entscheidung weist das OLG Köln die sofortige Beschwerde eines Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Darlegung einer besonderen Dringlichkeit zurück.

Der Antragsteller beantragte zunächst beim LG Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Antragsgegnerin dazu verpflichtet werden sollte, es zu unterlassen, ein von ihm hergestelltes Lichtbild ohne Urhebervermerk öffentlich zugänglich zu machen. Die Antragsgegnerin hatte das Bild auf Ihrer Internetseite veröffentlicht, ohne einen Urheber zu benennen. Zugleich enthielt ihre Internetseite den Hinweis, dass sie Urheberrechte beachte und Inhalte Dritter als solche kennzeichne. Das LG Köln wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, weil die AGB des Antragstellers nur einen Hinweis auf den Urheber bei einer redaktionellen Nutzung verlangten. Bei einer gewerblichen Nutzung, die bei der Antragsgegnerin vorgelegen habe, habe er somit auf eine Urheberbenennung verpflichtet.

Gegen den Beschluss des LG Köln legte der Antragsteller die sofortige Beschwerde ein. Die Nutzung des Bildes sei nicht lediglich gewerblich erfolgt, sondern auch redaktionell. Eine Verletzung liege damit vor.

Entscheidung des Gerichts

Das OLG Köln wies die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Kölns zurück. Es sah eine Verletzungshandlung der Antragsgegnerin allerdings als gegeben an, da die Antragsgegnerin durch den Hinweis auf Ihrer Internetseite den Eindruck erweckt habe, alle nicht gekennzeichneten Inhalte stammten von ihr selbst.

Laut dem OLG Köln sei der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung aber dennoch unbegründet gewesen. Zwar habe eine Verletzung vorgelegen, der Antragsteller habe die Verfolgung seiner Rechte auch nachdrücklich betrieben und aufgrund der Verletzungshandlung bestehe eine Wiederholungsgefahr für eine erneute Verletzungshandlung, der Antragsteller habe aber nicht in ausreichendem Maße nachgewiesen, dass es ihm nicht zumutbar sei eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.

Die Antragsgegnerin hatte nach dem Hinweis des Antragstellers, dass seine Rechte verletzt würden, zwar keine vertragsstrafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, sie fügte beim streitgegenständlichen Lichtbild aber einen Hinweis auf die Urheberschaft des Antragstellers ein. Dieser führe laut dem OLG Köln nicht dazu, dass die Wiederholungsgefahr entfalle. Vielmehr bleibe dieser gemäß der Rechtsprechungspraxis so lange bestehen, bis eine vertragsstrafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werde oder die Täterin gerichtlich zur Unterlassung verpflichtet werde. Nichtsdestotrotz bestünden aufgrund des nachgeholten Urhebervermerks keine Anzeichen mehr dafür, dass eine erhöhte Eilbedürftigkeit bestehe.

Damit ein Verfügungsgrund vorliege, müsse eine „Dringlichkeit“ bestehen, ansonsten sei es dem Antragsteller zuzumuten, eine Entscheidung der Sache im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Eine Dringlichkeit ergebe sich aber nicht schon aus der materiell-rechtlichen Erstbegehungs- und Wiederholungsgefahr. Lediglich zu dieser habe der Antragsteller auch nach einem entsprechenden Hinweis des Amtsgerichts (gemeint war wohl des Landgerichts) aber Ausführungen gemacht. Auch die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG greife für den vorliegenden Fall nicht. Der Antragssteller hätte insofern darlegen und glaubhaft machen müssen, dass eine solche Dringlichkeit vorliege, die ihm das Abwarten unzumutbar machten.

Stellungnahme

Dass die Eilbedürftigkeit gerade im Urheberrecht nicht wie bei § 12 UWG vermutet wird und der Antragsteller zur Eilbedürftigkeit vorzutragen hat, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Interessant an dieser Sache ist jedoch die aufkommende Frage, ob im Falle der unterlassenen Urheberbenennung allein das nachträgliche Anbringen die Eilbedürftigkeit beseitigt, sofern eine solche überhaupt bestehen haben mag.

Man könnte sogar noch weiter gehen und hinterfragen, ob grds. das Einstellen der rechtsverletzenden Handlung dazu führen kann, dass eine Eilbedürftigkeit nicht (mehr) gegeben ist.

Und die abschließende wichtige Frage ist schließlich, wie sich die Einstellung der Rechtsverletzung auf die Anforderungen des Vortrages zur Eilbedürftigkeit auswirkt. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot bestehen. Das kann man durchaus kritisch sehen, wenn die Rechtsverletzung eingestellt wurde.

Zur Aufklärungspflicht eines unberechtigt Abgemahnten über den wahren Täter

Mit Urteil vom 17.12.2020 entschied der BGH, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, keine zusätzlichen Kosten tragen muss, wenn er sein Wissen über den wahren Täter bis zur Klage zurückhält.

Sachverhalt
Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Die Klägerin mahnte diesen ab, weil über den Anschluss Urheberrechtsverletzungen mittels einer Tauschbörse begangen wurden. Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, teilte aber zugleich mit er selbst habe die Verletzung nicht begangen. Er teilte nicht mit, wer tatsächlich Täter war, obwohl er dies zu diesem Zeitpunkt bereits wusste. Die Klägerin klagte auf Schadensersatz. Erst im Rahmen des gerichtlichen Rechtsstreits gab der Beklagte bekannt, wer der eigentliche Täter der Urheberrechtsverletzung war. Die Klägerin beantragte daraufhin, dass festgestellt wird, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz wurde die Klage abgewiesen. Durch das vorliegende Urteil hat der BGH die Klage ebenfalls mit nachfolgender Begründung abgewiesen.

Die Entscheidung des BGH
Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung gibt es grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses eine über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung begangen hat. Diese kann er aber über eine sekundäre Darlegungslast widerlegen, wenn er darlegt, wer ansonsten als Täter in Betracht kommt. Die Klägerin war der Auffassung, dass es eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung darstellte, dass der Beklagte erst im Rahmen des Klageverfahrens, mitgeteilt habe, wer der eigentliche Täter sei, da der Klägerin dadurch die Kosten der Klage auferlegt wurden.

Eine solche sieht der BGH nicht als gegeben an. Der Beklagte habe die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich abgegeben und zeitgleich deutlich gemacht, dass er selbst die Verletzungshandlung jedenfalls nicht begangen habe. Auch eine Sonderbeziehung, die eine Verpflichtung des Beklagten begründet habe, den Namen zu nennen, habe es nicht gegeben. Schließlich habe auch keine vertragliche Nebenpflicht vorgelegen, die den Beklagten dazu verpflichtet habe, den Namen zu nennen.
Für eine vorsätzliche, sittenwidrige Schädigung fehle es bereits an Anhaltspunkten dafür, dass überhaupt eine Schädigungsabsicht vorlag. Außerdem lagen nach Ansicht des BGHs keine besonderen Umstände vor, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden, verwerflich machen.

Eine Anschlussinhaberschaft begründe auch keine Sonderverbindung, die Aufklärungspflichten auslöse. Solange keine schon bestehende Störerhaftung vorliege, würden Verbindungen tatsächlicher Art nicht dazu ausreichen, um eine Aufklärungspflicht auszulösen. Im Einzelfall könne eine Aufklärungspflicht zwar nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgelöst werden, nicht jedoch im vorliegenden Fall, in dem der Anschlussinhaber zumindest darüber aufklärte, die Verletzung nicht selbst begangen zu haben.

Auch die die sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, mit der er die Vermutung widerlegen könne, selbst Täter zu sein, begründe keine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehende Pflicht dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Sie verstieße auch gegen § 8 Abs. 1 TMG.

Eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag nach § 677 BGB, die den Anschlussinhaber dazu verpflichte, den Täter zu benennen, liege auch nicht vor. Der Erhalt einer Abmahnung liege nicht im objektiven Interesse des nicht verantwortlichen Anschlussinhabers. Wenn er selbst gar nicht Schuldner eines Unterlassungsanspruches sei, habe er auch kein Interesse daran den Abmahnenden klaglos zu stellen, weil er keine höheren Kosten eines Gerichtsverfahrens fürchten müsse.

Schließlich liege jedenfalls im vorliegenden Fall auch keine Nebenpflichtverletzung aus einem Unterlassungsvertrag vor, die eine Aufklärungsplicht begründe. Der BGH führt allerdings ausdrücklich aus, dass es nicht generell ausgeschlossen sei, dass sich aus einem Unterlassungsvertrag eine Nebenpflicht des Abgemahnten ergebe, den Abmahnenden über den Täter der Urheberrechtsverletzung aufzuklären. Welche besonderen Umstände aber dazu vorliegen müssten, damit man dem Unterlassungsvertrag eine solche Nebenpflicht entnehmen könne, führt er dagegen nicht aus. In erster Linie diene die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aus Sicht des Abgemahnten jedenfalls dazu, den Abmahnenden durch Beseitigung der Wiederholungsgefahr klaglos zu stellen. Insbesondere dann, wenn der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung nicht förmlich anerkenne oder zum Ausdruck bringe, dass er zurecht abgemahnt worden sei und erst recht, wenn er, wie vorliegend, vorträgt, dass er zu Unrecht abgemahnt worden sei, liege keine Nebenpflicht zur weiteren Aufklärung vor. Im Einzelfall sei es aber nicht ausgeschlossen, dass nach dem objektiven Empfängerhorizont ein Wille zur Übernahme weiterer Nebenpflichten anzunehmen sei.

Stellungnahme
Das vorliegende Urteil stellt eine gewisse Entlastung für Anschlussinhaber dar. Diese müssen jedenfalls dann, wenn Ansprüche gerichtlich verfolgt werden, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast offenlegen, wer ansonsten als Täter in Betracht kommt. Im Regelfall hat es für sie jedoch keine negativen Folgen, wenn außergerichtlich zunächst keine weitere Aufklärung erfolgt.

Das Urteil des BGH scheint zunächst im Widerspruch zum Urteil des Bundeverfassungsgerichts vom 03. April 2019 – 1 BvR 2556/17 – zu stehen. In diesem entschied das Gericht, dass der Anschlussinhaber die entstehenden Kosten zu tragen habe, wenn er der sekundären Darlegungslast nicht nachkomme. Auch das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens aus Art. 6 Abs. 1 GG stehe dem nicht entgegen. Im damaligen Verfahren wollten die Beklagten aber keine Auskunft darüber abgeben. Damit konnten sie die Vermutung der Täterschaft nicht entkräften. Vorliegend wurde der Darlegungslast dagegen nachgekommen, aber erst im Verfahren. Die Sachverhalte unterscheiden sich insofern.
Sofern der BGH ausführt, dass es im Einzelfall nicht ausgeschlossen sei, dass sich eine Nebenpflicht zur Aufklärung schon aus einem Unterlassungsvertrag ergebe, so wirft dies die Frage auf, wie ein solcher Fall aussehen könnte. Der BGH führt selbst aus, dass dann, wenn ein Abgemahnter nicht zum Ausdruck bringe, dass er zurecht abgemahnt worden sei, weitere Nebenpflichten wohl nicht vereinbart worden sind. Ein Fall in dem der Anschlussinhaber eine Verletzungshandlung nicht selbst begangen hat, aber dennoch den Anspruch vollständig anerkennt und objektiv den Willen äußert weitere Aufklärung leisten zu wollen, erscheint doch recht abwegig.

Wenn dem Anschlussinhaber tatsächlich bekannt ist, wer die Verletzungshandlung begangen hat, dürfte ihm in der Praxis, trotz fehlender Verpflichtung, dazu zu raten sein, schon vor einem Prozess darüber aufzuklären. Da der eigentliche Täter der Verletzungshandlung ansonsten im Rahmen des Schadensersatzes auch die Kosten des Prozesses gegen den Anschlussinhaber tragen muss, stellt es ein erhebliches Kostenrisiko für diesen dar, wenn der Anschlussinhaber die Information zunächst für sich behält.

Keine Verantwortlichkeit eines Pressefotografen für unberechtigte Veröffentlichungen Dritte

Zugrundeliegender Sachverhalt

Betrachtet werden soll ein Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Bielefeld gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 23.07.2020. In diesem war der Antragsgegner ein Berufsfotograf und Inhaber eines Presseausweises, der von TCI Rechtsanwälte Mainz vertreten wurde. Er hatte von einer Nachrichtenagentur den Auftrag erhalten, Fotos für einen Beitrag zu dem Thema „Coronavirus in Berlin, Besucher am Brandenburger Tor, Reichstag, Tiergarten und Unter den Linden“ zu liefern. An demselben Tag fuhr der Antragsteller im Bereich des Brandenburger Tores, eine Sonnenbrille tragend auf seinem Skateboard. Der Antragsgegner nahm ein Bild des Antragstellers auf, auf dem dieser scharf fokussiert, mit unscharfem Hintergrund zu sehen ist, ohne dass dieser dies bemerkte.

Der Antragsgegner lieferte das Foto an die auftraggebende Agentur, die das Bild auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Im Anschluss wurde das Bild zudem auf der Internetseite zwei weiterer Nachrichtensender veröffentlicht und auf einer Plattform zum Erwerb gegen eine Lizenz, unter Angabe der Urheberschaft des Antragsgegners, angeboten.

Der Antragsteller wollte dem Antragsgegner die Verbreitung, das Verbreiten lassen, Zurschaustellung und/oder Zurschaustellen lassen verbieten lassen. Sowohl das Ausgangsgericht als auch das Beschwerdegericht wiesen den Antrag ab und gaben dem Antragsgegner recht.

Die Entscheidung

Die Gerichte gingen zutreffenderweise davon aus, dass durch den Antragsgegner keine rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen wurde, sodass ebenfalls keine Wiederholunggefahr entstand. Eine solche hätte vorausgesetzt, dass entgegen § 22 KUG ein Verbreiten oder öffentliches zur Schau stellen, ohne Einwilligung des Abgebildeten stattfand, ohne dass gemäß § 23 KUG eine andere Rechtfertigung hierfür vorlag.

Das Landgericht Bielefeld stellte fest, dass ein Verstoß gegen § 22 Satz 1 KUG stattfand. Obwohl der Antragsgegner das Bild nicht selbst zur Schau stellte, sondern lediglich an die Auftraggebende Agentur weiterleitete, lag damit bereits ein Verbreiten des Bildes vor, ohne dass der Antragsteller als Abgebildeter hierin einwilligte. Denn die Weitergabe führte bereits zu einem Verlust der Kontrolle darüber, ob und wie das Bild in die Öffentlichkeit gelangte. Hieran ändere sich gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch aufgrund der Bedeutung des Grundrechts der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nichts (BVerfG, Beschluss vom 23.06.2020 – 1 BvR 176/17).

Zugleich betonte das Landgericht Bielefeld, dass der Antragsgegner durch § 23 KUG gerechtfertigt gewesen sei, weil der Abgebildete einen Teil der Öffentlichkeit darstelle, der der Zeitgeschichte angehöre. Bei der Auslegung dieses Begriffes sei eine Abwägung zwischen den entgegenstehenden Rechten der Parteien vorzunehmen. Hier finde daher eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und mit der Pressefreiheit statt. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasse der Begriff des Zeitgeschehens alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, wobei es den Medien nach dem Kern ihrer Pressefreiheit zugewiesen sei, nach eigenen publizistischen Kriterien zu entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses für Wert erachten und was nicht (BGH, Urteil vom 09.04.2019 – VI ZR 533/16, Rn. 9). Es stehe den Medien frei, ihre Berichte über dieses Zeitgeschehen in zulässigem Rahmen mit Bildern von Alltagsszenen der Gegenwart zu illustrieren (BGH, Urteil vom 09.04.2019 – VI ZR 533/16, Rn. 9).

Laut dem Landgericht Bielefeld handele es sich bei den Auswirkungen des weltweiten Auftretens von Corona-Viren auf den Alltag der Menschen ohne Frage um ein zentrales Zeitgeschehen dieser Tage. Als Fotograph habe der Antragsgegner aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG das Recht zu dieser Illustration beizutragen und hierzu den Antragsteller als beispielhaften Teilnehmer an dem öffentlichen Leben in Berlin abzulichten, um zu dem Medienbericht zum Thema „Coronavirus in Berlin, Besucher an Brandenburger Tor, Reichstag, Tiergarten und Unter den Linden“ beizutragen. Vorliegend handele es sich bei dem Antragsteller zwar um eine der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannte Person, deren Privatleben insofern schützenswerter sei, er sei als Teilnehmer am öffentlichen Passantenverkehr in Berlin aber lediglich in Sozialsphäre betroffen. Zudem gebe weder das konkrete Foto noch das vorgegebene Thema der Nachrichtenagentur Anlass dazu, eine abwertende Haltung gegenüber dem Antragsteller einzunehmen.

Das Landgericht Bielefeld betont, dass die weiteren Veröffentlichungen des Fotos unerheblich seien. Es sei nicht dem Antragsgegner zuzurechnen, dass nach einer rechtmäßigen Aufnahme des Bildes und einer rechtmäßigen Weitergabe des Bildes an die Agentur ohne das Einverständnis des Abgelichteten weitere Veröffentlichungen stattgefunden haben. Eine unmittelbare Beeinträchtigung habe nicht durch den Antragsgegner stattgefunden. Aber auch eine Verantwortung als mittelbarer Handlungsstörer komme nicht in Betracht. Dadurch, dass die Weitergabe durch den Antragsgegner rechtmäßig erfolgte, trage er keine Verantwortung dafür, wenn die Nachrichtenagentur aufgrund eigenständiger Entscheidung das Bild außerhalb der Grenzen des § 23 KUG und insofern rechtswidriger Weise weiterveröffentliche.

Ähnlich wie das Landgericht Bielefeld hat bereits das BVerfG im zuvor genannten Beschluss vom 23.06.2020 – 1 BvR 1716/17 – die Rechte von Journalisten gestärkt und Ihnen ebenfalls nicht, Dritte beeinträchtigendes, Handeln von Agenturen oder Presseredaktionen zugerechnet und aufgebürdet.

In dem Fall, über den das Verfassungsgericht zu entscheiden hatte, war der betroffene Journalist wegen unbefugten Verbreitens eines Bildnisses verurteilt worden, weil er ein Bild eines Abgebildeten unverpixelt weitergegeben hatte und die Presseredaktion es dann ebenfalls unverpixelt weiterveröffentlichte.

Das BVerfG entschied hier, dass Journalisten und Pressefotografen bei der Weitergabe von Bildmaterial von Presseredaktionen zwar möglicherweise dazu verpflichtet sind, auf die Umstände, unter denen die Bildaufnahmen entstanden sind, hinzuweisen, angesichts der presserechtlich gebotenen Prüfung und Verantwortung der veröffentlichenden Redaktion aber nicht schon bei der Weitergabe von Fotos dazu verpflichtet sind, diese zu verpixeln.

Eigene Stellungnahme

Den Beschlüssen des BVerfG, sowie des Landgerichts Bielefeld ist zuzustimmen. Durch diese werden die Rechte selbstständig tätiger Journalisten und Fotografen gestärkt, ohne dass die Rechte abgelichteter Personen unbillig missachtet werden. Zum einen haben Dritte im Zweifelsfall mit der Agentur ohnehin liquidere Haftungsgegner, zum anderen könnten Journalisten und Fotografen letztlich nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen, wenn sie bei jedem Auftrag befürchten müssten, durch ein Fehlverhalten der Agentur selbst in die Haftung zu geraten. Hierdurch würde die Pressearbeit, die stark von selbstständig tätigen Journalisten und Fotografen abhängig ist, deutlich erschwert werden.

Journalisten, die Bilder lediglich an Presseredaktionen weitergeben, werden auf diese Weise entlastet. Diese dagegen haben die besseren Mittel zur Überprüfung des konkret rechtmäßigen Handelns, oft sogar eine eigene Rechtsabteilung und müssen natürlich weiterhin verantwortlich bleiben, damit die Persönlichkeitsrechte Dritter ausreichend berücksichtigt werden. 

(Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung von RA Joscha Falkenhagen erstellt.)