Der Widerrufsbutton kommt – Deutscher Gesetzentwurf liegt vor

Der Widerrufsbutton kommt – Deutscher Gesetzentwurf liegt vor

04.11.2025 E-Commerce

Im Online-Handel wird es ab Juni 2026 eine elektronische Widerrufsfunktion, den sog. Widerrufsbutton, geben. Damit sollen Verbraucherrechte gestärkt werden. Aber was bedeutet das für Unternehmen?

Widerrufsbutton: Verbraucherfreundliche Innovation oder neues Risiko für Unternehmer?

Mit der Umsetzung der geänderten EU-Verbraucherrechte-Richtlinie 2023/2673 plant der deutsche Gesetzgeber die Einführung einer elektronischen Widerrufsfunktion, wie aus einem aktuellen Gesetzentwurf hervorgeht. Der Entwurf wurde am 17. Oktober im Bundestag in erster Lesung debattiert und geht jetzt den Weg durch das parlamentarische Verfahren.

Verbraucherinnen und Verbraucher sollen Verträge künftig genauso einfach widerrufen können, wie sie sie online abgeschlossen haben – per Klick auf einen sogenannten Widerrufsbutton.

Was als Fortschritt im digitalen Verbraucherschutz angekündigt wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als komplexes Vorhaben mit zahlreichen rechtlichen Unsicherheiten auf Seiten der Unternehmen.

Die Anforderungen an Gestaltung, Platzierung und technische Umsetzung des Buttons sind hoch – und die Folgen bei Verstößen erheblich.

Neue Pflicht für alle Online-Anbieter

Nach dem Gesetzentwurf soll ein neuer § 356a BGB eingeführt werden.

Unternehmer, die Fernabsatzverträge über eine Online-Benutzeroberfläche schließen, sollen eine elektronische Widerrufsfunktion bereitstellen. Diese muss gut lesbar, während des Laufs der Widerrufsfrist auf der Online-Benutzeroberfläche ständig verfügbar, leicht zugänglich und hervorgehoben platziert sein.

Doch was genau bedeuten diese Anforderungen? Reicht ein Text-Link im Footer? Muss es ein Button sein? Muss die Funktion auch dann angezeigt werden, wenn die Widerrufsfrist längst abgelaufen ist? Oder wäre dies gar eine abmahnfähige Irreführung?

Der Gesetzgeber bleibt hier vage – mit erheblichen Risiken für die unternehmerische Praxis und den Wettbewerb.

Wird die Widerrufsfunktion falsch oder unzureichend umgesetzt, drohen voraussichtlich Abmahnungen durch Mitbewerber und Verbände, Bußgelder sowie unter bestimmten Umständen eine Verlängerung der Widerrufsfrist um bis zu zwölf Monate und 14 Tage.

Technische Umsetzung mit juristischen Fallstricken

Die Vorgaben gehen weit über eine einfache „Schaltfläche“ hinaus. Unternehmen müssen z.B. auch sicherstellen, dass eine Eingangsbestätigung unverzüglich verschickt wird und dass die Kommunikation des Widerrufs nachvollziehbar dokumentiert werden kann.

Problematisch ist insbesondere die Beweislastverteilung: Der Verbraucher muss nachweisen, dass er den Widerruf rechtzeitig abgesendet hat – was schwierig werden kann, wenn die technische Bestätigung verzögert oder gar nicht erfolgt.

Mehr Bürokratie statt echten Mehrwerts?

Ziel der Reform ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern einen niedrigschwelligen Zugang zum Widerruf zu bieten. Doch ob das wirklich nötig ist, darf bezweifelt werden. Schon heute können Verbraucher ihren Widerruf formfrei, etwa per E-Mail, erklären und die hohen Rücksendequoten der Online-Händler zeigen, dass Verbraucher sehr gut wissen, wie sie den Widerruf erklären können.

Statt einer echten Erleichterung entsteht für Unternehmen ein erheblicher bürokratischer und technischer Aufwand – zumal viele Anbieter längst kundenfreundliche Rücksendeprozesse über ihre Onlineshops etabliert haben.

Die Kostenannahmen der Bundesregierung, wonach die Umsetzung nur rund 240 Euro pro Unternehmen betragen soll, sind daher kaum realistisch. Neben der technischen Implementierung kommen rechtliche Prüfungen, anwaltliche Beratung und Anpassungen sämtlicher Informationspflichten hinzu.

Anpassung der Widerrufsbelehrung

Die Einführung der elektronischen Widerrufsfunktion hat (natürlich) auch eine Anpassung der Widerrufsbelehrung zur Folge. Erneut müssen juristische Texte angepasst und die Änderung genau nachverfolgt werden, damit keine Fehler entstehen. Auf Unternehmen kommt damit im Bereich des Widerrufsrechtes viel Arbeit zu.

Handlungsbedarf und Ausblick

Bis zum 19. Dezember 2025 müssen die nationalen Regelungen in Kraft treten, anwendbar sind sie, wenn die Umsetzung fristgerecht erfolgt, ab dem 19. Juni 2026. Unternehmen sollten die verbleibende Zeit nutzen, um ihre Systeme rechtzeitig anzupassen und die rechtlichen Implikationen zu prüfen.

Das ist ja noch lange hin…?

Der 19. Juni 2026 klingt noch weit entfernt. Da hier aber neue Funktionen auf der Webseite etabliert und evtl. sogar mit den Kundenkonten verknüpft werden müssen, dürfte ein hoher IT-Aufwand hinter der Umsetzung stecken. Die Anpassung der rechtlichen Texte dürfte dabei noch die geringste Rolle einnehmen.

Die Anpassungen sollten also frühzeitig in bestehende oder neue Projekte eingeplant werden.

Aufsatz zu Details

Welche Auswirkungen das Gesetz zur Einführung des Widerrufsbuttons auf die Praxis hat und welche Fragen noch offen sind, hat Martin Rätze ausführlich in der Zeitschrift Wettbewerb in Recht und Praxis WRP dargestellt.

Den Aufsatz können Sie hier herunterladen.

Fazit

Die elektronische Widerrufsfunktion wird kommen, das steht fest. Der Gesetzentwurf liegt nun vor. Inhaltlich dürfte sich im parlamentarischen Verfahren nur noch wenig bis nichts daran ändern, sodass mit diesem für eine grundsätzliche Vorbereitung gearbeitet werden kann. Die letzten Details werden aber erst bekannt sein, wenn der Bundestag das Gesetz verabschiedet hat.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben in Ihrem Shop. Sprechen Sie uns gerne an.

Autor

Martin Rätze
Martin Rätze

Diplom-Wirtschaftsjurist (angestellt)

TCI Rechts­an­wäl­te Mainz

Verknüpfte Anwälte

Stephan Schmidt
Stephan Schmidt

Partner, Fach­an­walt für In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie­recht, CIPP/E

TCI Rechts­an­wäl­te Mainz

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