Gibt es einen Anspruch auf Homeoffice?

Gibt es einen Anspruch auf Homeoffice?

27.10.2020 Arbeitsrecht

Ein Vergleich der aktuellen Rechtslage, unter Bezugnahme des Urteils des ArbG Augsburg vom 07.05.2020 – 3 Ga 9/20, mit einem vorgelegten Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).

Derzeit steigt die Anzahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland wieder rapide an. Für Arbeitgeber stellt sich damit die Frage, wie der gesetzlich vorgeschriebene Schutz der Mitarbeiter gewährleistet wird, der Betrieb aber zugleich noch funktionstüchtig bleiben kann. Manch ein Arbeitnehmer wird sich dagegen mehr denn je die Frage stellen, ob er einen Anspruch auf Homeoffice hat, um einer möglichen Ansteckungsgefahr innerhalb des Betriebs zu entgehen.

Derzeitige Gesetzeslage

Eine gesetzliche Regelung, die Arbeitgeber ausdrücklich dazu verpflichtet Arbeitnehmern die Tätigkeit im Homeoffice zu gewähren, gibt es nicht. Den Arbeitgebern obliegt eine besondere Fürsorge- und Schutzpflicht. Wie sie ihre Mitarbeiter vor Gefahren, wie zurzeit durch Corona, schützen, ist ihnen überlassen.

Vor dem Arbeitsgericht Augsburg klagte ein 63 Jahre alter Arbeitnehmer, der durch ein ärztliches Attest ein erhöhtes Risiko durch eine Sars-CoV-2-Infektion nachwies und sich bis dahin ein Büro mit einer weiteren Mitarbeiterin teilte, sowie montags jeweils 90 Minuten Unterricht gab. Er wollte seinen Arbeitgeber gerichtlich dazu verpflichten, ihm die Tätigkeit im Homeoffice zu gestatten oder ihm jedenfalls ein Einzelbüro zur Verfügung zu stellen, da sein Risiko ansonsten zu hoch sei.

Das Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass es keinen gesetzlichen Anspruch darauf gebe, im Homeoffice zu arbeiten oder ein Einzelbüro zu erhalten. Der Arbeitgeber sei dazu verpflichtet die Gesundheit und das Leben seiner Mitarbeiter zu schützen und entsprechende Schutzvorkehrungen zu schaffen. Dies müsse aber nicht durch die Gestattung der Tätigkeit im Homeoffice geschehen oder in einem Einzelbüro geschehen. Auch in einem Büro mit mehreren Mitarbeitern sei es möglich die Mitarbeiter ausreichend zu schützen.

Durch die Entscheidung wird noch einmal bestätigt, dass die Tätigkeit im Homeoffice derzeit nur dann möglich ist, wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich gestattet.

Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erstellte Anfang Oktober einen Gesetzesentwurf für das „Mobile Arbeit Gesetz“ vor. Mit diesem schlug er einen Anspruch auf mindestens 24 Tage Homeoffice im Jahr für Arbeitnehmer vor, falls deren Tätigkeit dies erlaube. Der Entwurf sah also vor, dass der Arbeitgeber konkrete betriebliche Gründe vorweisen sollte, wegen denen die beantragte Tätigkeit nicht möglich sei. Außerdem hätte der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Einführung und Ausgestaltung der mobilen Arbeit erhalten sollen.

Inzwischen hat das Kanzleiamt die Initiative wieder gestoppt, weil der Koalitionsvertrag keinen Anspruch auf Homeoffice vorsehe und eine Einigung zwischen den Bundesministerien derzeit noch nicht erzielt werden könne. Arbeitnehmer, deren Arbeitgeber Homeoffice nicht unterstützen, sollten sich daher noch keine zu großen Hoffnungen machen.

EU-Recht als möglicher Antrieb der Entwicklung

Dennoch zeigt sich: Der neue Trend zum mobilen Arbeiten bringt Dynamik in die Diskussion um ein entsprechendes Gesetz. Der Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurde zum Teil damit begründet, dass Deutschland die EU-Richtlinie 2019/1158 zur „Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ noch bis zum 02.08.2022 umsetzen muss.

Diese Richtlinie sieht unter anderem vor, dass solche Arbeitnehmer, die Pflege von Angehörigen leisten müssen oder Kinder im Alter unter acht Jahren haben, flexible Arbeitsbedingungen, zu denen ausdrücklich auch Telearbeit gehören kann, beim Arbeitgeber beantragen dürfen. Arbeitgeber sollen gemäß der EU-Richtline dann dazu verpflichtet werden sollen, bei der Entscheidung über den Antrag nicht nur die Belange des Betriebes, sondern auch die der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.  

Auch wenn die EU-Richtlinie die Mitgliedsstaaten ebenfalls nicht dazu verpflichtet ein Recht auf Homeoffice einzuführen, so ist doch davon auszugehen, dass die Diskussion um ein solches Recht spätestens bei der Ausgestaltung der Umsetzung der Richtlinie wiederaufkommen wird. In Zukunft ist daher in diesem Rechtsbereich noch mit Veränderungen zu rechnen.

(Der Beitrag wurde mit Unterstützung von RA Joscha Falkenhagen erstellt.)

Autor

Stephan Breckheimer, LL.M.
Stephan Breckheimer, LL.M.

Partner, Fach­an­walt für Ur­he­ber- und Me­di­en­recht, Fachanwalt für Arbeitsrecht

TCI Rechts­an­wäl­te Mainz

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