Haftung des Franchise-Gebers für wettbewerbswidriges Verhalten des Franchise-Nehmers
Das Landgericht Augsburg hatte sich in einem Hauptsacheverfahren (Az. 081 O 1161/23) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Franchise-Geber für das wettbewerbswidrige Verhalten seines Franchise-Nehmers haften und mit einstehen muss. Das Gericht bejahte die Haftung des Franchise-Gebers gemäß § 8 Absatz 2 UWG.
I. Sachverhalt
Der selbständige Franchise-Nehmer eines Fitnessstudio-Franchise-Systems hatte zur Anhebung der Mitgliedsbeiträge bei den laufenden Studioverträgen seiner Bestandmitglieder am Drehkreuz im Eingangsbereich der Studios Aushänge angebracht, in denen er die Gründe und den Umfang der Preiserhöhung erläuterte. Die Aushänge enthielten zudem folgende Passage: „Für Deine Zustimmung kannst Du ganz unkompliziert unser Drehkreuz passieren“, wobei das Passieren des Drehkreuzes für die Mitglieder unumgänglich war, um Zutritt zum Studio zu erhalten.
Der Franchise-Geber hatte von dieser Aktion weder Kenntnis, noch hatte er eine solche Maßnahme veranlasst oder gar daran mitgewirkt. Die Franchise-Verträge enthielten kartellrechtlich korrekt die Regelung, dass der Franchise-Nehmer in seiner Preisgestaltung frei ist, der Franchise-Geber aber Höchstpreise vorgeben kann.
Sowohl der Franchise-Nehmer als auch der Franchise-Geber wurden von einem Verbraucherverband mit der Begründung abgemahnt, die fingierte Zustimmung zu einer Preiserhöhung durch das Passieren des Drehkreuzes im Studio des Franchise-Nehmers stelle eine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Sowohl gegen den Franchise-Nehmer als auch gegen den Franchise-Geber wurde eine einsteilige Verfügung zur Unterlassung dieser geschäftlichen Handlung erwirkt. Der Franchise-Nehmer akzeptierte die Verfügung durch Abschlusserklärung, nicht aber der Franchise-Geber, woraufhin der Verbraucherverband den Unterlassungsanspruch auf Grundlage der Haftungsnorm des § 8 Absatz 2 UWG im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Augsburg weiter verfolgte.
II. Rechtlicher Rahmen
Nach § 8 Absatz 1 UWG kann auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine unzulässige geschäftliche Handlung im Rahmen des UWG vornimmt. Absatz 2 dieser Vorschrift besagt, dass diese Ansprüche auch gegen den Inhaber eines Unternehmens begründet sind, wenn die Zuwiderhandlungen im Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden.
Bereits mit Urteil vom 05.04.1995 hatte der BGH entschieden, dass der Franchise-Geber „Beauftragter“ des Franchise-Nehmers im Sinne dieser gesetzlichen Regelung sein kann,
- wenn die Handlung, deren Unterlassung verlangt wird, innerhalb des Betriebsorganismus des Franchise-Gebers begangen wurde,
- der Erfolg der Handlung zumindest auch dem Franchise-Geber zugutekommt und
- dem Franchise-Geber ein bestimmender Einfluss auf die Tätigkeit eingeräumt ist – es genügt, wenn er sich einen solchen hätte sichern können -, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.
III. Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Augsburg gab dem Unterlassungsanspruch des Verbraucherverbandes in seinem Urteil vom 06.10.2023 statt und bejahte die Haftung des Franchise-Gebers aus § 8 Absatz 2 UWG, obwohl das „Ob“ und „Wie“ von Preiserhöhungen einzig und allein in den Entscheidungsbereich des Franchise-Nehmers fällt und der Franchise-Geber mit dieser Aktion nichts zu tun hatte.
Das Vorliegen der Voraussetzung, dass die geschäftliche Handlung im (erweiterten) Betriebsorganismus des Franchise-Gebers stattgefunden haben muss, bejahte das Gericht unter Hinweis darauf, dass der Franchise-Geber als Systemzentrale zahlreiche Unterstützungs- und Beratungsleistungen erbringt, eine zentrale Webseite betreibt und sich zumindest im Bereich der Werbung und des Marketings Einflussmöglichkeiten durch den Erlass von Systemrichtlinien vorbehält.
Den Einwand, dass es dem Franchise-Geber gerade im Bereich der Preisgestaltung des Franchise-Nehmers kartellrechtlich untersagt sei, Einfluss zu nehmen, wies das Gericht mit dem Hinweis zurück, dass es bei der beanstandeten Maßnahme gerade nicht um die Preisgestaltung gegangen sei, sondern um die (wettbewerbswidrige) Umsetzung einer Preiserhöhung.
Auch wenn die Aktion unbestritten zu einer erheblichen Verärgerung bei den Kunden des Franchise-Nehmers geführt hat und eine Schädigung der Marke und des Rufs des Franchise-Systems darstellte, bejahte das Gericht das „Zugutekommen“ auch für den Franchise-Geber. Hier argumentiert das Gericht, dass der Franchise-Geber bei umsatzabhängigen laufenden Franchise-Gebühren mittelbar von erhöhten Mitgliedsbeiträgen des Franchise-Nehmers profitiert hätte. Dem ruf- und markenschädigenden Verhalten des Franchise-Nehmers könne der Franchise-Geber aufgrund der vertraglichen Verpflichtung des Franchise-Nehmers, gerade ein solches Verhalten zu unterlassen, Einhalt gebieten.
Die Einflussnahme des Franchise-Gebers auf die Tätigkeit des Franchise-Nehmers sieht das Landgericht darin, dass sich der Franchise-Geber vertraglich – und kartellrechtlich zulässig – die Vorgabe von Höchstpreisen vorbehalten habe.
Folgt man der Argumentation des Landgerichts Augsburg, wäre schon aufgrund der Verwirklichung lauterkeitsrechtlicher Tatbestandmerkale durch einen Franchise-Nehmer stets auch die Haftung des Franchise-Gebers gemäß § 8 Absatz 2 UWG anzunehmen. Dies ist kritisch zu sehen. Der Franchise-Geber ging im vorliegenden Fall in Berufung, die Entscheidung des OLG München bleibt abzuwarten.