(K)ein Dienstwagen für Betriebsratsvorsitzende?

(K)ein Dienstwagen für Betriebsratsvorsitzende?

30.08.2022 Arbeitsrecht

Mitglieder des Betriebsrats dürfen gemäß § 78 Satz 2 BetrVG „wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden“. Was so einfach klingt, kann in der Praxis erheblich kompliziert und sogar strafrechtlich riskant sein, wie etwa ein aktuelles Urteil des LG Braunschweig (v. 28.09.2021 – 16 KLs 85/19) zeigt.

§ 78 BetrVG soll die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder gewährleisten, die ihr Amt gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG unentgeltlich als Ehrenamt führen.

„Unentgeltlich“ bedeutet freilich nicht, dass Mitglieder des Betriebsrats keinen Anspruch auf Vergütung hätten. Im Gegenteil, schützt § 37 Abs. 4 BetrVG die Betriebsratsmitglieder gerade davor, dass sich die Bemessungsgrundlage ihres Arbeitsentgelts wegen der Übernahme des Amtes verschlechtert. Das Betriebsratsmitglied soll hinsichtlich der Höhe des Arbeitsentgelts (in all seinen Bestandteilen, wie z.B. Zulagen, Sozialleistungen, vermögenswirksame Leistungen, Gewinnbeteiligungen, Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge etc.) vielmehr so gestellt werden, wie es stehen würde, wenn es das Betriebsratsamt nicht übernommen hätte, woraus (notwendig) auch ein Anspruch auf Gehaltserhöhung folgt, und zwar in dem Umfang, in dem die Gehälter vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhöht werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) spricht insoweit vom Erfordernis einer „fiktiven Laufbahnnachzeichnung“ (z.B. Urteil v.  14.07.2010 – 7 AZR 359/09).

Gleichzeitig verbietet das Gesetz aber jegliche Gewährung eines Entgelts für die Betriebsratstätigkeit bzw. jegliche Bemessung des Entgelts nach der Bewertung der Betriebsratstätigkeit.

Genau hier beginnt die Gradwanderung.

Denn nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist jede objektive Besserstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht, eine untersagte Begünstigung (z.B. Urteil v. 29.08.2018 – 7 AZR 206/17).

Betriebsräte „kraft Amtes“ als „Co-Manager“ zu betrachten und auf „Führungskräfteniveau“ zu vergüten, liegt demnach deutlich außerhalb des Korridors hypothetischer Betrachtung!

Entlang dieser Linie, aber erheblich niederschwelliger, entschied z.B. das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil v. 11.02.2020 – 7 Sa 997/19) und jüngst auch das LAG Nürnberg (Urteil v. 05.04.2022 – 7 Sa 238/21), dass es (auch) einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG darstellt, wenn einem Betriebsratsvorsitzenden ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen wird, der ihm ohne diese Funktion nicht überlassen worden wäre und auch sonst kein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist. Eine solche Vereinbarung ist infolgedessen nach § 138 BGB nichtig.

Eine allgemeingültige Regel nach dem Motto „Kein Dienstwagen für Betriebsratsvorsitzende“ folgt hieraus gleichwohl nicht. Denn auch ein „überobligatorischer“ Dienstwagen muss nicht zwangsläufig eine Begünstigung sein, wenn und soweit er für die Betriebsratsarbeit förderlich und somit – auch im Interesse des Arbeitgebers – sachlich gerechtfertigt ist (z.B., weil der Betriebsratsvorsitzende damit nicht mehr auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, wodurch Wartezeiten und Verzögerungen entfallen und die Betriebsratsaufgaben zeitlich zuverlässiger und schneller erledigen werden können).

Ist eine bestimmte Zuwendung aber sachlich begründet, ist zudem auch der Vorwurf der Untreue, § 266 StGB, entkräftet und eine entsprechende Strafdrohung somit unverhältnismäßig.

Autor

Harald Krüger
Harald Krüger

Partner, Fach­an­walt für Ar­beits­recht

TCI Rechts­an­wäl­te Mün­chen

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