Land­ge­richt Frank­furt – Re­ge­lun­gen des KUG über Art.85 DS­GVO wei­ter­hin an­wend­bar

Land­ge­richt Frank­furt – Re­ge­lun­gen des KUG über Art.85 DS­GVO wei­ter­hin an­wend­bar

Ur­teil vom 26.09.2019 - 2-03 O 402/​18

Mit Urteil vom 26.09.2019 (Az.2-03 O 402/18) hat das LG Frankfurt a.M. über die Verbreitung eines Bildnisses entschieden, die ohne Einwilligung nach den Grundsätzen der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) erfolgte. Diese seien trotz Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) weiterhin (direkt) anwendbar.

I. KUG über Art.85 DSGVO weiter anwendbar

Die Verbreitung des Bildes einer Person ist nur zulässig, wenn die abgebildete Person hierzu eingewilligt hat. Dieses Recht am eigenen Bild ist seit jeher durch die §§ 22, 23 KUG geregelt. Die Rechtsprechung hat sich im Jahr 2018 noch zurückhaltend gezeigt, was die Anwendung des KUG neben der DSGVO betrifft, insbesondere dann, wenn eine Prüfung nach der DSGVO zu demselben Ergebnis kommt, wie nach dem KUG.

Das OLG Köln hat mit Urteil vom 18.06.2018 – 15 W 27/18 klargestellt, dass das KUG im journalistischen Bereich weiterhin vorrangig anwendbar ist. Dies Rechtsprechung führt das OLG mit Zurückweisungsbeschluss vom 08.10.2018 – 15 U 110/18 konsequent fort. Das LG Frankfurt hat im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO bisher die Grundsätze des KUG zumindest herangezogen (vgl. Urteil vom 13.09.2018 – 2-03 O 283/18), musste aber über die direkte Anwendung damals noch nicht entscheiden.

In der Folge seiner Rechtsprechung aus 2018 hat dieselbe Kammer des Landgericht Frankfurt a.M. nun mit Urteil vom 26.09.2019 – 2-03 O 402/18 entschieden, dass die Grundsätze der §§ 22, 23 KUG mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f), 85 Abs. 2 DSGVO weiter anwendbar sind. Konkret führt das Landgericht aus:

„(…) Bei der dargestellten Abwägung hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass seit dem 25.05.2018 die DSGVO Geltung erlangt hat. Insoweit wendet die Kammer jedoch unter Berücksichtigung von Art. 85 Abs. 2 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.09.2018 – 2-03 O 283/18, ZD 2018, 2018, 587; so wohl auch OLG Köln, Urt. v. 28.03.2019 – 15 U 155/18, BeckRS 2019, 13613 Rn. 26; vgl. auch LG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.09.2018 – 2-03 O 320/17; Sydow/Specht, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 85 Rn. 13 ff.; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060). (…)“

In dieser Konsequenz wurde ein Unterlassungsanspruch wegen des Verbreitens eines Bildnisses auf die §§ 823, 1004 BGB i.V.m. §§ 22 f. KUG, Art. 85 DSGVO gestützt. Bemerkenswert daran ist, dass das Landgericht Frankfurt das KUG wohl nun auch für die Verbreitung im gewerblichen Bereich über Art. 85 DSGVO als anwendbar betrachtet.

Es handelt sich bei Art. 85 Abs.2 DSGVO um eine sog. Öffnungsklausel für den jeweiligen Gesetzgeber des Mitgliedsstaates der Europäischen Union. Diese erlaubt, dass die Mitgliedsstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von bestimmten Kapiteln der DSGVO vorsehen können. Als solche Ausnahmeregelung gelten nach Ansicht des LG Frankfurt die §§ 22, 23 KUG.

II. Ausblick und Bedeutung

In der Fachliteratur ist die Anwendung des KUG über Art. 85 DSGVO nicht unumstritten. Dies wird nicht zuletzt damit begründet, dass das KUG bereits vor Inkrafttreten der DSGVO galt. So oder so wird man aber zumindest auf die Grundsätze des KUG abstellen können, sei es in einer direkten Anwendung des KUG oder im Wege der Prüfung nach Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO.

Offen bleibt weiterhin die spannende Frage, ob hinsichtlich des Widerrufs das freiwillige Widerrufsrecht aus der DSGVO gilt oder die sich aus dem KUG ergebenden Widerrufsregeln Anwendung finden, nach denen ein Widerruf nur mit wichtigem Grund möglich ist.

Autor

Stephan Breckheimer, LL.M.
Stephan Breckheimer, LL.M.

Partner, Fach­an­walt für Ur­he­ber- und Me­di­en­recht, Fachanwalt für Arbeitsrecht

TCI Rechts­an­wäl­te Mainz

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