Möglichkeit einer Gastbestellung in Online-Shops – Voraussetzung für einen datenschutzkonformen Online-Handel

Möglichkeit einer Gastbestellung in Online-Shops – Voraussetzung für einen datenschutzkonformen Online-Handel

Bereits am 24. März 2022 veröffentlichte die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz, DSK) einen Beschluss zum Thema „Datenschutzkonformer Online-Handel mittels Gastzugang“.

Nach Ansicht der DSK müssen Shop-Betreiber, die online Waren oder Dienstleistungen anbieten, ihren Kunden grundsätzlich einen Gastzugang (d. h. Verzicht auf Registrierungs- bzw. Zugangsdaten) zur Verfügung stellen. Dies soll  unabhängig davon gelten, ob die Shop-Betreiber ihren Kunden daneben einen registrierten Nutzungszugang (ein fortlaufendes Kundenkonto) zur Verfügung stellen.

Onlineshops müssen demnach für Kunden, die keine dauerhafte Geschäftsbeziehung eingehen möchten, die Möglichkeit zur Verfügung stellen, auch ohne Kundenkonto Bestellungen tätigen zu können. Über diesen Gastzugang dürfen nur die zur Durchführung des Vertrages und zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlichen personenbezogenen Daten und Informationen des jeweiligen Kunden erfasst werden. Eine Verarbeitung von nicht zur Geschäftsabwicklung benötigten Daten findet mit einem Gastzugang nämlich nicht statt.

Ebenso muss die „Bestellung als Gast“ in ihrer Art und Weise gleichwertig sein. Dies sei gegeben, „wenn keinerlei Nachteile entstehen, also Bestellaufwand und Zugang zu diesen Möglichkeiten, wie bei einem Gastzugang, denen eines laufenden Kund*innenkontos entsprechen und technisch organisatorische Maßnahmen getroffen werden, die ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleisten.“

Ferner ist bei fortlaufenden Kundenkonten für weitere Verarbeitungen der dort gespeicherten Daten (z.B. Profiling der Kundenhistorien, bestellte Produkte / Dienstleistungen, Zusammenführung mit Daten aus anderen Quellen), d. h. jede Verarbeitung, die nicht für die Vertragserfüllung erforderlich ist,  vorab eine Einwilligung der Kunden nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a) DSGVO einzuholen. Denn einen solche Verarbeitung sei eine Verarbeitung, die über die bloße  Einrichtung und Führung eines fortlaufenden Kundenkontos hinausgehe. So sei das Anlegen eines Kundenkontos nicht erforderlich, um den Kunden die Waren zukommen zu lassen.

Diese extreme Auffassung der DSK ist rechtlich umstritten. So ist insbesondere fraglich, warum sich die Anlage des Kundenkontos und die damit zusammenhängende Datenverarbeitung nicht einfach auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f) DSGVO stützen lassen kann. Schließlich haben sowohl der Shop-Betreiber als auch dessen Kunden ein berechtigtes Interesse an der Beschleunigung zukünftiger Bestellungen.

In diesen Kontext passt auch eine aktuelle Nachricht, nach der die EU-Kommission die niederländische Datenschutz-Aufsichtsbehörde wegen eines allzu engen Verständnisses der „berechtigten Interesse“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1f DSGVO rügt (siehe https://www.nrc.nl/nieuws/2022/07/03/brussel-tikt-nederlandse-ap-op-de-vingers-om-te-strikte-naleving-privacywetgeving-a4135385 ). Dies führe nach Auffassung der Kommission dazu, dass Unternehmen für praktisch jede Datenverarbeitung Einwilligungen einholen müssten – was nach dem Wortlaut der DSGVO aber eben gerade nicht notwendig sei.

Autor

Carsten Gerlach
Carsten Gerlach

Partner, Fach­an­walt für In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie­recht

TCI Rechts­an­wäl­te Ber­lin

Verknüpfte Anwälte

  • Twitter
  • LinkedIn