Part 2: Vergaberecht – Was der Koalitionsvertrag 2025 vorsieht
Die Bundesregierung will mit dem Koalitionsvertrag Fortschritte bei der Modernisierung des öffentlichen Beschaffungswesens erzielen. Im Fokus stehen die Beschleunigung des Verfahrens, digitale Prozesse sowie eine strategischere Ausrichtung des IT-Einkaufs.
Vergaberecht: Flexibilität, Digitalisierung und neue Wertgrenzen
Auch im Vergaberecht kündigt sich ein umfassender Umschwung an. Der Koalitionsvertrag sieht vor, Vergabeverfahren auf nationaler und europäischer Ebene zu vereinfachen, zu digitalisieren und zu beschleunigen. All dies im Lichte des Grundsatzes der mittelstandsfreundlichen Vergabe. Dies betrifft nicht nur den technischen Ablauf, sondern auch die rechtlichen Rahmenbedingungen. Insbesondere die Wertgrenze für Direktvergaben sollen angehoben werden: Für reguläre öffentliche Aufträge auf 50.000 Euro, für Start-ups in den ersten vier Jahren sogar auf 100.000 Euro. Damit sollen kleinere und innovative Anbieter leichter Zugang zur öffentlichen Beschaffung erhalten. Auch auf europäischer Ebene will die Koalition sich für eine maßvolle Erhöhung der Schwellenwerte und für eine getrennte Betrachtung der Planungsleistungen einsetzen.
Zudem sollen sektorale Ausnahmen vom Vergaberecht, etwa in Fragen der nationalen Sicherheit oder für Leitmärkte für emissionsarme Produkte, insbesondere in der Grundstoffindustrie. Für die Deutsche Bahn ist ein Pionierfeld vorgesehen. Für die Beschaffung der Bundeswehr sieht die Koalition sowohl ein „Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz“ als auch ein „Bundeswehrinfrastrukturbeschleunigungsgesetz“ vor, die rechtliche Ausnahmen im Bau-, Umwelt- und Vergaberecht schaffen sowie Eigenvollzugsrechte der Bundeswehr stärken sollen.
Ein zentrales Ziel der Koalition ist die zügige Umsetzung von Investitionen, die über das Sondervermögen „Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen“ finanziert werden. Dafür sollen die Möglichkeiten zur Beschleunigung von Planung und Genehmigung, Beschaffung und Vergabe der Infrastrukturprojekte aus dem Sondervermögen ausgeschöpft werden und in einem Infrastruktur-Zukunftsgesetz ambitioniert geregelt werden. Diese Vorhaben werden mit einem überragenden öffentlichen Interesse ausgestattet und damit auch rechtlich priorisiert.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die geplante Abschaffung der aufschiebenden Wirkung in Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen der Vergabekammern. Damit würden Vergaben trotz laufender Nachprüfungsverfahren schneller durchgeführt werden können – ein Schritt, der auf mehr Rechtssicherheit für die Auftraggeber und einen zügigeren Projektstart abzielt.
Zugleich wird eine strategische Steuerung des IT-Einkaufs auf Bundesebene angestrebt. Öffentliche Auftraggeber sollen verstärkt auf Rahmenverträge anderer Dienststellen sowie auf zentrale Einkaufsplattformen zurückgreifen können. Die Einführung eines zentralen Beschaffungsmanagements soll helfen, technologische Abhängigkeiten zu reduzieren und Synergieeffekte zu nutzen.
Weiterhin wird an der Einführung des Bundestariftreuegesetzes festgehalten, da im Rahmen öffentlicher Vergaben die Tarifbindung gestärkt werden soll. Dieses soll für Aufträge auf Bundesebene ab 50.000 Euro gelten, für Start-ups mit innovativen Leistungen greift es ab 100.000 Euro. Bürokratie, Nachweispflichten und Kontrollen sollen auf ein absolutes Minimum begrenzt werden. Darüber hinaus sind neue Ausnahmetatbestände vom Vergaberecht geplant, etwa zum Schutz nationaler Sicherheitsinteressen oder zur Förderung nachhaltiger Technologien.
Fazit: Reformen mit Signalwirkung – Handlungsbedarf für Unternehmen und Verwaltung
Die im Koalitionsvertrag skizzierten Maßnahmen markieren einen Richtungswechsel in der Gesetzgebung rund um Datenverarbeitung, öffentliche Beschaffung und digitale Infrastruktur. Viele der angekündigten Neuerungen eröffnen Chancen – etwa durch mehr Flexibilität, weniger Bürokratie und neue Förderstrukturen. Zugleich entstehen neue Anforderungen, etwa durch geänderte Zuständigkeiten, technische Vorgaben oder rechtliche Anpassungen im Datenumgang. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und ihre Rechtsberater sollten sich frühzeitig auf diese Entwicklungen vorbereiten.