Anforderungen an die Bekanntmachung der Eignungskriterien und Folgen von Mängeln bei der Bekanntmachung

Einleitung:
Es ist bereits bekannt, dass es an einer wirksamen Bekanntmachung der geforderten Eignungskriterien fehlt, wenn in der Auftragsbekanntmachung lediglich pauschal auf die Auftragsunterlagen verwiesen wird. So ist das OLG Dresden (OLG Dresden, 15.02.2019, Verg 5/18) der Auffassung, dass die Eignungskriterien als nicht wirksam bekanntgemacht gelten, wenn in der Bekanntmachung pauschal auf die Vergabeunterlagen oder Vergabeplattform verwiesen wird. Dem OLG Dresden genügt es jedoch, wenn die Dokumente konkret bezeichnet werden, die die Eignungskriterien enthalten. Es sei dann irrelevant, ob der Bieter einen oder mehrere Klicks benötige, um das Dokument aufzurufen. Das OLG Düsseldorf geht hingegen davon aus, dass ein Link nur ausreicht, wenn er unmittelbar in die Liste der Eignungskriterien in der Bekanntmachung eingebunden ist (11.07.2018, Verg 24/18).
Der Vergabesenat des OLG Rostock hat in einer kürzlich ergangenen Entscheidung zumindest Zweifel daran geäußert, ob eine bloße Bezeichnung der Dokumente zur Eignung in jedem Fall ausreicht. Diese Frage war allerdings im konkreten Fall nicht entscheidungserheblich, da in Bezug auf Mängel in der Bekanntmachung von Eignungskriterien ein Nachprüfungsantrag nur zulässig sei, wenn der Antragsteller aufzeigt, er erfülle einzelne Anforderungen nicht bzw. habe sie nicht oder nicht rechtzeitig erkannt.

Sachverhalt:
In der Bekanntmachung des Auftraggebers erfolgte die stichpunktartige Auflistung der Eignungskriterien bzw. der einzureichenden Formblätter. Danach waren zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit u.a. das Formblatt Eigenerklärung zu Umsatzzahlen und Versicherungsnachweise beizubringen. Zu jedem Stichpunkt wurde in der Bekanntmachung auf einen konkreten Abschnitt in einem weiterführenden Dokument der Vergabeunterlagen verweisen. Eine weitere Detaillierung der Inhalte der jeweiligen Formblätter und Kriterien enthielt die Bekanntmachung nicht.

Entscheidung:
In seiner Entscheidung wies das OLG Rostock zu den Eignungskriterien differenzierend darauf hin, dass einzelne Eignungskriterien hinreichend in der Bekanntmachung „aufgeführt“ (§ 122 Abs. 4 S. 2 GWB) sein dürften. Dies sei der Fall, wenn es für den konkreten Inhalt „allenfalls noch punktueller – zulässiger – Konkretisierungen bedürfe“. Diese könnten in einem separaten Dokument der Vergabeunterlagen erfolgen. Andere Eignungskriterien würden allerdings in der Bekanntmachung lediglich „anklingen“, wiederum andere überhaupt erst durch die weitergehende Erläuterung in den Vergabeunterlagen verständlich werden und gegen den „analogen“ Verweis auf diese Teile der Vergabeunterlagen ohne Direktlink („Deeplink“) Bedenken bestehen könnten.“ Insofern schließt sich der Senat also nicht der Auffassung des OLG Dresden sondern dem OLG Düsseldorf an.
Das OLG Rostock führt in seinem Beschluss allerdings weiter aus, dass bezüglich möglicher Mängel bei der Bekanntmachung von Eignungskriterien ein Nachprüfungsantrag nur zulässig sei, wenn der Antragsteller aufzeigt, er erfülle einzelne Anforderungen nicht bzw. habe sie nicht oder nicht rechtzeitig erkannt und seine Zuschlagchancen seien dadurch verschlechtert. Im vorliegenden Fall stellte der Senat fest, dass nicht zu erkennen sei, dass der Antragstellerin durch unzureichend bekannt gemachte Anforderungen ein Schaden drohe (§ 160 Abs. 2 S. 2 GWB). So unterscheide sich vorliegend die Situation grundlegend von derjenigen nach Ausschluss eines Bieters wegen Nichterfüllung fehlerhaft bekanntgemachter Eignungsanforderungen. Während in jener Konstellation ein drohender Schaden auf der Hand läge, fehle es vorliegend an Anhaltspunkten einer Benachteiligung der Antragstellerin

Tipp für die Praxis:
Dass die Eignungskriterien schon in der Bekanntmachung zumindest kurz zu benennen sind, ist nichts Neues. Die Entscheidung des OLG Rostock zeigt jedoch auf, dass es weiter empfehlenswert ist, sämtliche Eignungskriterien nicht nur schon in der Bekanntmachung aufzuführen, sondern zudem jedes einzelne Kriterium so zu konkretisieren, dass der einzelne Bieter beim „Scannen“ der Bekanntmachung schon erkennt, was vom Bieter gefordert wird und der Bieter bereits zu diesem Zeitpunkt für sich feststellen kann, ob er die geforderten Eignungskriterien erfüllt. Die Entscheidung des OLG Dresden, wonach eine nähere Erläuterung auch in einem gesonderten Dokument der Vergabeunterlagen erfolgen könne, dürfte daher eine isolierte Einzelentscheidung bleiben. Insbesondere für die Forderung nach Referenzen dürfte danach der schlichte Hinweis auf „vergleichbare Referenzen“ in der Bekanntmachung nicht ausreichen. Hier sollte deshalb bereits in der Bekanntmachung genau aufgeführt sein, welche konkreten Eigenschaften eine Referenz für die Vergleichbarkeit aufweisen muss.
Das praktische Problem, wie bei komplexen Vergabegegenständen und dementsprechend umfangreichen Details der Eignungskriterien die geforderte Konkretisierung mit den systembedingt maximal zur Verfügung stehenden 4000 Zeichen erfolgen soll, beantwortet allerdings leider auch das OLG Rostock nicht. Der vom OLG Dresden mit seiner Entscheidung eröffnete pragmatische Weg dürfte nach der Entscheidung des OLG Rostock jedenfalls verschlossen sein. Die Entscheidung reiht sich daher ein in die Tendenz der dogmatisch zwar vertretbaren, aber praxisuntauglichen Entscheidungen insbesondere der Beschwerdegerichte.

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