Anlässlich der Covid-19 Pandemie wird zurzeit kaum ein Thema kontroverser diskutiert, als das Recht des Arbeitgebers, nach dem Impfstatus der Arbeitnehmer zu fragen. Ein solches Auskunfts- oder Fragerecht ist – momentan – weder gesetzlich festgelegt, noch ist es in der neuesten Fassung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) enthalten, die am 10. September 2021 in Kraft getreten ist und voraussichtlich bis zum 24. November 2021 gelten wird.
Die Befürworter eines Fragerechts argumentieren, dass die Kenntnis vom Impfstatus ein entscheidendes Kriterium ist, um z.B. ein differenziertes betriebliches Hygienekonzept zu etablieren, das es (auch) zulässt, bestimmte Maßnahmen (Maskenpflicht, Abstandsgebote usw.) in einzelnen Abteilungen oder Arbeitsbereichen oder in Besprechungs- und Pausenräumen, in denen sich ausschließlich immunisierte Personen aufhalten, zu lockern oder sogar entfallen lassen.
Die Gegner weisen darauf hin, dass es sich beim Impfstatus um ein Gesundheitsdatum handelt, für dessen Verarbeitung gemäß Art. 9 Abs. 2 DSGVO bzw. Art. 88 DSGVO in Verbindung mit §§ 22, 26 Abs. 3 Satz 1 BDSG besonders hohe Anforderungen gelten. Da der Impfstatus keine Aussage über eine akute Infektion bzw. eine unmittelbar bestehende Gefahr enthält, sei die Verarbeitung dieser Information bei Abwägung der schutzwürdigen Interessen regelmäßig unzulässig. Die in § 23 a i. V. m. § 23 Abs. 3 IfSG enthaltene Ausnahme für bestimmte Arbeitgeber wie z. B. Krankenhäuser, einen Impfnachweis anfordern zu dürfen, sei nicht verallgemeinerungsfähig.
Auf der Internetseite des BMAS heißt es dazu relativ eindeutig (Stand: 27.09.2021):
„Es ist den Beschäftigten grundsätzlich freigestellt, ob sie ihren Impf- oder Genesungsstatus dem Arbeitgeber mitteilen wollen oder nicht. […]. Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung unterscheidet nicht zwischen geimpften und nicht geimpften Beschäftigten und enthält auch keine Verpflichtung der Beschäftigten, dem Arbeitgeber Auskunft über ihren Impf- beziehungsweise Genesungsstatus zu erteilen.“
Allerdings wurde auf der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom 21.09.2021 nun folgender Beschluss gefasst:
„Die Länder werden spätestens ab dem 1. November 2021 denjenigen Personen keine Entschädigungsleistungen gemäß § 56 Absatz 1 IfSG mehr gewähren, die als Kontaktpersonen oder als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet bei einem wegen COVID-19 behördlich angeordneten Tätigkeitsverbot oder behördlich angeordneter Absonderung keinen vollständigen Impfschutz mit einem auf der Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (www.pei.de/impfstoffe/covid-19) gelisteten Impfstoff gegen COVID-19 vorweisen können, obwohl für sie eine öffentliche Empfehlung für eine Schutzimpfung nach § 20 Absatz 3 IfSG vorliegt.“
Begründet wird dies damit, dass inzwischen eine allgemeine Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission für eine Impfung gegen COVID-19 vorliegt und auch ausreichende Mengen Impfstoff zur Verfügung stehen, um allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland eine Impfung gegen COVID-19 anbieten zu können. Daher gebe es zukünftig keine Entschädigung mehr auf Kosten der Allgemeinheit, wenn im Falle einer Quarantäneanordnung kein vollständiger Impfschutz vorliegt.
Was bedeutet das für die betriebliche Praxis?
Der Anspruch eines von einer Quarantäneanordnung betroffenen Arbeitnehmers auf eine Entschädigungsleistung richtet sich zwar gegen das Bundesland, in dem die Quarantäne erlassen worden ist, § 66 Abs. 1 S. 1 IfSG. Ausgezahlt wird die Entschädigung aber gemäß § 56 Abs. 5 S. 1 IfSG vom Arbeitgeber „für die zuständige Behörde“. Der Arbeitgeber ist also quasi als „Zahlstelle“ im Verwaltungsverfahren tätig.
Da somit der Arbeitgeber das Risiko trägt, über den Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers zu entscheiden und in Vorleistung gehen zu müssen, aber nur denjenigen Betrag erstattet zu bekommen, den die zuständige Landesbehörde schlussendlich als Entschädigung festsetzt, muss unseres Erachtens an die Stelle der hoheitlichen Befugnisse, die die zuständige Behörde ermächtigen, nach dem Impfstatus zu fragen, gemäß § 241 Abs. 2 BGB eine Auskunftspflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber treten, weil insoweit ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers an der der Information besteht.
Und sollte es, wie aktuelle Umfragen befürchten lassen, dazu kommen, dass ungeimpfte Arbeitnehmer eine Quarantäne vor dem Arbeitgeber verschweigen und unter Verstoß gegen die Quarantäneanordnung trotzdem ins Büro gehen, kommt (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) sogar eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.