Grundsatzentscheidung zur Pflicht von Influencerinnen, Beiträge als Werbung zu kennzeichnen

I. Sachverhalt

In drei unterschiedlichen Verfahren, über die der Bundesgerichtshof entschied, machte der Kläger jeweils Unterlassungsansprüche in Bezug auf, nicht als Werbung gekennzeichnete, Beiträge in sozialen Medien geltend.

Die Beklagten betrieben jeweils Accounts auf Instagram, die von einer großen Anzahl an Nutzern abonniert wurden. Auf diesen veröffentlichten sie regelmäßig mit Texten versehene Bilder von sich, bei denen teilweise durch Anklicken des Bildes, über sogenannten „Tap Tags“, die Firmen oder Marken der verwendeten Kleidung oder sonstiger Produkte eingebettet waren. Solche, nicht als Werbung gekennzeichneten, Beiträge sah der Kläger jeweils als verbotene Schleichwerbung an.

Die Beklagte im Verfahren I ZR 90/20 – Influencer I, erhielt die Beklagte für die konkret beanstandeten Beiträge eine finanzielle Gegenleistung durch das Unternehmen. Außerdem konnten Nutzer durch Anklicken des dargestellten Produkts, über einen „Tap Tag“ auf das Instagram Profil des Herstellers weitergeleitet werden.

Die Beklagte im Verfahren Influencer II – I ZR 125/20 nutzte ihren Account, der von 1,7 Millionen Nutzern abonniert war, überwiegend kommerziell. Für die beanstandeten Beiträge erhielt sie vom entsprechenden Unternehmen keine zusätzliche finanzielle Gegenleistung.

Die Beklagte im Verfahren I ZR 126/20 kennzeichnete Beiträge, für die sie vom verlinkten Unternehmen bezahlt wurde mit „bezahlte Partnerschaft mit …“. Für die konkret beanstandeten Beiträge erhielt sie dagegen keine finanzielle Gegenleistung.

II. Entscheidungen des Gerichts

Der Bundesgerichtshof erachtete die fehlende Kennzeichnung der Beiträge im Verfahren I ZR 90/20 aufgrund des gesetzten Links und der erhaltenen Gegenleistung als rechtswidrig. Die fehlende Kennzeichnung in den Verfahren I ZR 125/20 und I ZR 126/20 beanstandete er dagegen nicht.

1) Ausführungen zu § 5a Abs. 6 UWG

Gemäß § 5a Abs. 6 UWG muss der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung gekennzeichnet werden, wenn er sich nicht aus den Umständen ergibt. Der BGH hatte also zu prüfen, ob Beiträge von Influencern überhaupt geschäftliche Handlungen darstellen, wann ein kommerzieller Zweck verfolgt wird und ob eine zusätzliche Kennzeichnung erforderlich ist.

a) Geschäftliche Handlung für das eigene Unternehmen

Der BGH beurteilte die Tätigkeit als Influencer als das Betreiben eines Unternehmens. Für dieses stelle die Veröffentlichung von Beiträgen regelmäßig eine „geschäftliche Handlung“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, auch wenn sie unentgeltlich erfolgten. Beiträge seien geeignet, die eigene Bekanntheit zu steigern, den eigenen Werbewert zu steigern und somit das Unternehmen zu fördern. Daher bestehe auch eine Vermutung für eine entsprechende Absicht der Handelnden. Das Gericht betonte, dass auch private Äußerungen eines Unternehmers, die dieser nutze, um sein Unternehmen zu fördern, diesen eine geschäftliche Wendung gebe.

b) Geschäftliche Handlung für das fremde Unternehmen

Davon zu trennen sei die Frage, ob die Veröffentlichung zugleich auch eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens darstelle. Hierfür bestehe keine grundsätzliche Vermutung. Der BGH legte folgende Grundsätze fest.

Sofern die Influencerin für die Veröffentlichung von Beiträgen mit bestimmten Produkten eine Gegenleistung erhalte, handele es sich stets auch um eine geschäftliche Handlung des Herstellers.

Wenn sie dagegen keine Gegenleistung erhalte, dann liege nur dann eine geschäftliche Handlung zugunsten des fremden Unternehmens vor, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich sei und ohne kritische Betrachtung nur die Vorteile eines Produkts aufzähle. Das Gericht berücksichtigt, dass redaktionelle Beiträge eines Medienunternehmens unter den besonderen Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen, wenn der Beitrag allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient. Diese Voraussetzung sei aber bei einem werblichen Überschuss nicht gegeben.

Die Prüfung, ob der Beitrag insgesamt als werblich einzuordnen sei oder nicht, sei je nach Einzelfall zu beurteilen und müsse durch eine umfassende Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Falls Bilder mit „Tap Tags“ versehen werden, die die Hersteller der jeweiligen Waren bezeichnen, stellt dies üblicherweise noch keinen werblichen Überschuss des Beitrags dar. Sofern eine Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers vorgenommen werde, habe der Beitrag aber regelmäßig einen werblichen Charakter, sodass er dann eine geschäftliche Handlung für einen Dritten darstelle.

c) Kommerzieller Zweck des Beitrags

Ein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG kann nur bestehen, wenn die kommerzielle Handlung auch bezweckt wurde. Ob ein „kommerzieller Zweck“ stets bei einer geschäftlichen Handlung vorliegt, oder ob es eines zusätzlichen subjektiven Tatbestandsmerkmals einer Werbeabsicht bedarf, entscheidet das Gericht nicht. Der kommerzielle Zweck könne aber anhand derselben objektiven Kriterien entschieden werden, wie die geschäftliche Handlung. Der Streit könne daher dahinstehen.

d) Kennzeichnungspflicht

Laut dem BGH ist den Nutzern von sozialen Medien klar, dass bekannte Personen wie Influencer ein Interesse an der Steigerung ihrer eigenen Bekanntheit haben und damit auch Werbeeinnahmen erzielen. Der kommerzielle Zweck eigener geschäftlicher Handlungen ergebe sich deshalb aus den Umständen und müsse nicht zusätzlich gekennzeichnet werden.

Geschäftlichen Handlungen für Dritte müssten dagegen klar gekennzeichnet werden. Gerade wenn deshalb eine geschäftliche Handlung für einen Dritten vorliege, weil dieser eine Gegenleistung erbracht habe, werde dies nicht nach außen hin sichtbar. Anders als bei Beiträgen, die lediglich das eigene Unternehmen der Influencerin fördern, könnten Verbraucher dann nicht erkennen, dass ein Beitrag aufgrund eines Entgelts eine geschäftliche Handlung eines Dritten darstelle.

Ohne sofort vom kommerziellen Zweck zu wissen, trete der Leser dem Beitrag aufgrund dessen redaktionellen Charakters unkritischer gegenüber und misse ihm eine größere Bedeutung bei. Daher liege dann eine Irreführung vor. Diese könne Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

Es zu unterlassen, diesen kommerziellen Zweck derart kenntlich zu machen, dass er auf den ersten Blick und zweifelsfrei erkennbar sei, stelle daher eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne von § 5a Abs. 6 UWG dar.

2) Ausführungen zum TMG, RStV und MStV

Diese rechtliche Bewertung stehe auch mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, sowie mit § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV im Einklang, da die Handlung zudem gegen diese Bestimmungen verstoße.

Sowohl eine kommerzielle Kommunikation als auch Werbung in Telemedien liegen vor. Diese müssen nach dem TMG und RStV, bzw. MStV jeweils als solche klar erkennbar sein. Wenn ein Beitrag, für den die Influencerin eine Gegenleistung erhalten habe, nicht gekennzeichnet werde, liege eine Erkennbarkeit im Sinne dieser Vorschriften ebenfalls nicht vor.

III. Fazit

Durch diese Grundsatzentscheidungen des BGHs in den vorliegenden Verfahren besteht nun eine Rechtssicherheit für Personen, die sich selbst als Influencer/innen verstehen und Werbeeinnahmen durch Beiträge in den sozialen Medien erhalten. Die Entscheidungen sind insofern zu begrüßen.

Die geschaffenen Leitlinien sind klar und verständlich genug, um auch von geschäftsunerfahrenen Personen umgesetzt werden zu können. Sofern sie Produkte nicht vollkommen einseitig darstellen, müssen Influencer/innen Beiträge nun lediglich dann als Werbung kennzeichnen, wenn sie tatsächlich eine Gegenleistung des betreffenden Herstellers erhalten.

OLG Cel­le zur Kenn­zeich­nungs­pflicht ge­spon­ser­ter Posts bei Ins­ta­gram

Das OLG Celle hat mit Urteil vom 08.06.2017, Az: 13 U 53/17 entschieden, dass hinsichtlich der sog. Influencerwerbung bei Instagram eine Kennzeichnung von Werbung mit dem Hashtag „#ad“ am Ende eines Posts in sozialen Medien nicht ausreichend ist. Konkret heißt es, dass das Hashtag „#ad“ jedenfalls dann nicht zur Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks eines Beitrags bei Instagram oder ähnlichen sozialen Medien genügt, wenn es sich am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags befindet.

Dem Urteil sind insgesamt die folgenden Erkenntnisse zu entnehmen:

  • Auch ein Beitrag in sozialen Medien (hier: ein Instagram-Post) mit Werbung, die den Absatz von Waren (hier: Kosmetika) fördern soll, fällt unter den Begriff der geschäftlichen Handlung gem. § 2 Abs 1 Nr. 1 UWG. Dass es sich bei dem betreffenden Beitrag um eine Äußerung einer in einem sozialen Medium (hier: Instagram) auftretenden Person handelt, steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht entgegen, wenn diese Person für den Beitrag eine Vergütung erhält (vgl. Rn. 7 des Urteils). Insofern haftet die werbende Firma und eben nicht (nur) der Influencer, der die Werbung in seinem Profil vornahm.
  • Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Der Hinweis muss jedoch so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht. Der kommerzielle Zweck muss auf den ersten Blick hervortreten (vgl. Rn. 9 des Urteils).
  • Entbehrlich ist eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks nur dann, wenn dieser auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist. Es genügt nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt. Denn das schließt nicht aus, dass der Leser dem Beitrag in Verkennung des Umstands, dass es sich um Werbung handelt, eingehendere Beachtung schenkt (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 – I ZR 205/11 – Preisrätselgewinnauslobung V, juris, Rn. 21, zu § 4 Nr. 3 UWG a. F.) (vgl. Rn. 16 des Urteils). Nach Ansicht des OLG Celle ist damit die Rechtsprechung des BGH zu redaktioneller Werbung auch auf solche vorliegenden Werbemaßnahmen anzuwenden.

Auswirkungen auf die Praxis

Influencer Marketing boomt. Es ist zu erwarten, dass solche Werbemaßnahmen in unmittelbarer Zukunft noch ausgedehnt werden. Vieles ist hinsichtlich solcher kommerziellen Postings rechtlich noch nicht abschließend geklärt, im rechtsfreien Raum bewegt sich aber keiner. Da das Urteil des OLG sich ausschließlich auf bezahlte Postings bezieht, ist diesem besondere Beachtung zu schenken.

Ausdrücklich offen gelassen hat es, ob die von der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten unter anderem empfohlene Verwendung des Hashtags „#ad“ grundsätzlich geeignet ist, einen Beitrag bei Instagram oder ähnlichen sozialen Medien als Werbung zu kennzeichnen (vgl. Rn. 10 des Urteils). Insofern ist „#ad“ nicht einfach zu verbannen.

Entscheidend ist, dass es auf den Einzelfall ankommt. Unersetzlich ist, dass der Internetnutzer, der zum angesprochenen Verbraucherkreis gehört, den kommerziellen Zweck des Postings offenkundig erkennen kann. Dieser Grundsatz allein bedeutet keine grundsätzliche Kennzeichnung von Werbemaßnahmen, da sich allein allein aus dem Posting eine offenkundige Erkennbarkeit schon ergeben kann. Allerdings ist dahingehend äußerste Vorsicht geboten, denn grundsätzlich dürften bezahlte Postings von sog. Influencern nicht eindeutig als Werbemaßnahme zu erkennen sein, so dass eine Kennzeichnung in den meisten Fällen zwangsläufig zu erfolgen hat.

Folgerichtig zieht das OLG Celle für bezahlte Postings die Rechtsprechung des BGH zu redaktioneller Werbung heran. Denn die Gefahr der Verschleierung der Werbung ist gleichermaßen in ähnlicher Art und Weise gegeben.

Wichtig ist darauf hinzuweisen, dass für das öffentliche Zugänglichmachung der bezahlten Postings auch bzw. insbesondere das werbende Unternehmen haftet und nicht (allein) der Influencer, der die Veröffentlichung letzten Endes aktiv vornimmt. Um zukünftig Haftungen in dieser Form zu minimieren, sollten die werbenden Unternehmen zwingende Guidelines in die jeweiligen Verträge aufnehmen, gleich ob es direkte Verträge mit den Influencern oder solche mit darauf spezialisierten Agenturen sind. Solche Guidelines sollten sich dann unter anderem mit Kennzeichnungspflichten und einer Haftungsübernahme/Freistellung im Innenverhältnis beschäftigen.

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