Hinweise zur Vertragsgestaltung bei Software as a Service (SaaS)

Seit einigen Jahren ist SaaS in aller Munde. Die Software wird nicht mehr an den Kunden verkauft, sondern diesem nur noch über das Internet zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Bei der Vertragsgestaltung bleibt dabei in der Praxis häufig viel zu wünschen übrig. Hier ein paar praktische Hinweise.

  1. Zunächst ist es sinnvoll, die einmalig zu erbringenden Leistungen (Implementierung, Datenmigration, Schulungen) von den auf Dauer zu erbringenden Leistungen (Softwareüberlassung und Service Level Agreement) zu trennen und die jeweiligen Leistungen beispielsweise in separaten Leistungsscheinen zu regeln. Mit dieser Trennung korrespondieren regelmäßig entsprechende Vergütungsvereinbarungen (einmalige Zahlungen und wiederkehrende Zahlungen).
  2. Ein typischer Streitpunkt ist die Fälligkeit der Vergütung für das Implementierungs- und Migrationsprojekt. Bei dem Verkauf von zeitlich unbefristeten Lizenzen für On-premise-Software hatten die Anbieter den Vorteil, dass sie gleich zu Beginn eines Projekts die Vergütung für den Lizenzerwerb in Rechnung stellen und als Aktivposten bilanzieren konnten. Diese Möglichkeit der sofortigen sog. Revenue Recognition eines nicht unerheblichen Teils des gesamten Projektvolumens entfällt bei SaaS. Die Anbieter versuchen bisweilen, diesen Nachteil zu kompensieren, indem sie eine erhebliche (z. B. 50%) Vorauszahlung der Einmalvergütung für das Implementierungs- und Migrationsprojekt verlangen. Aus Kundensicht ist das im Hinblick auf den Grundsatz, dass die Vergütung erst bei Abnahme fällig wird, jedoch nicht gerechtfertigt. Eine Vergütung nach der Fertigstellung bestimmter Meilensteine der Implementierung wird den Interessen beider Parteien gerecht. Aus Anbietersicht ist es sinnvoll, dies mit einer Vereinbarung von Teilabnahmen der Meilensteine zu verbinden.
  3. Bei den Bestimmungen über die Laufzeiten sowohl der Softwareüberlassung als auch des Service Level Agreements ist aus Anwendersicht darauf zu achten, dass diese erst nach Abnahme des Implementierungs- und Migrationsprojekts und nach der Übernahme des Systems in den Produktivbetrieb (sog. „Go Live“) beginnen.
  4. Ein weiterer wichtiger Regelungsgegenstand ist das Verhältnis von Gewährleistung und Service Level Agreement. Mängel der Software sind über die gesamte Vertragslaufzeit bereits aufgrund gesetzlicher Gewährleistung zu beseitigen, und Gewährleistungsansprüche haben grundsätzlich Vorrang vor einem Service Level Agreement. Es ist daher sinnvoll, die Abgrenzung zwischen Gewährleistung und über die Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen hinausgehender Wartung und Pflege im Service Level Agreement klar zu regeln.
  5. Von Mängeln der (Standard-) Software als solcher sind Mängel zu unterscheiden, die auf eine fehlerhafte Implementierung oder eine fehlerhafte Datenmigration zurückzuführen sind. Der Kunde hat zunächst einen vertraglichen Anspruch auf mangelfreie Implementierung des Systems und mangelfreie Migration der Daten. Auch nach der Abnahme der Implementierung und der Migration hat der Kunde einen Anspruch aus Gewährleistung auf Beseitigung noch vorhandener Mängel, insbesondere unwesentlicher Mängel, wegen derer die Abnahme nicht verweigert werden darf. Auch hier gilt, dass Gewährleistungsansprüche grundsätzlich Vorrang vor einem Service Level Agreement haben. Das Problem der Abgrenzung zwischen Gewährleistungsanspruch und Service Level Agreement kann hier relativ einfach durch eine klare und eindeutige Regelung dahingehend gelöst werden, dass das Service Level Agreement erst mit dem Go Live beginnt, und dass die Beseitigung der bei der Abnahme der Implementierung vorhandenen Mängel unverzüglich und unabhängig vom Service Level Agreement erfolgt.
  6. Bei der Formulierung von Kündigungsrechten ist aus Anwendersicht darauf zu achten, dass durch die Kündigung (oder den Rücktritt vom Vertrag) in der Implementierungs- und Migrationsphase auch die die übrigen Vertragsbestandteile erfasst werden, sofern dem nicht bereits durch eine entsprechende Regelung der Laufzeiten (oben 3.) Rechnung getragen wurde.

Weitere Hinweise finden Sie in einem ausführlichen Aufsatz von Dr. Truiken J. Heydn in Heft 7 der MMR 2020, Seiten 435 ff.

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