Vergaberechtstransformationsgesetz: Chancen und notwendige Verbesserungen

Die Bundesregierung hat Ende 2024 mit dem Entwurf des Gesetzes zur Transformation des Vergaberechts (Vergaberechtstransformationsgesetz, Drucksache 20/14344) eine Reform angestoßen, die das Vergaberecht vereinfachen und effizienter gestalten soll. Ziel ist es, Wirtschaft und Verwaltung von unnötigem Mehraufwand zu entlasten, Vergabeverfahren zu beschleunigen und Nachhaltigkeitskriterien stärker zu berücksichtigen.

Notwendige Änderungen im Beschwerdeverfahren

Der aktuelle Entwurf enthält zwar positive Ansätze zur Verkürzung der Verfahren vor den Vergabekammern, doch bleibt eine erhebliche Schwachstelle im Beschwerdeverfahren gegen deren Entscheidungen bestehen. Nach der derzeitigen Rechtslage entfällt das Zuschlagsverbot für den Auftraggeber gemäß § 173 Abs. 1 S. 2 GWB zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist, sofern der Nachprüfungsantrag durch die Vergabekammer abgewiesen wurde und vom Antragsteller eine Beschwerde eingelegt wurde. Damit das Zuschlagsverbot aufrechterhalten bleibt, muss der Antragsteller zwingend vor Ablauf dieser Frist einen Eilantrag gem. § 173 Abs. 1 S. 3 GWB stellen. Da der Beschwerdeführer die Beschwerdefrist in der Regel maximal ausreizt, verbleiben dem zuständigen Oberlandesgericht (OLG) nach den gesetzlichen Regelungen häufig lediglich zwei Wochen, um über den Eilantrag zu entscheiden. Eine rechtswahrende Entscheidung bis zum gesetzlich vorgesehenen Wegfall des Zuschlagsverbotes ist praktisch unmöglich, sodass Gerichte häufig auf sogenannte „Schiebeverfügungen“ zur Verlängerung des Zuschlagsverbots zurückgreifen, obwohl diese gesetzlich nicht vorgesehen sind. Solche Schiebeverfügungen sind Anordnung, dass das Zuschlagsverbot bis zu einer Entscheidung über den Eilantrag vorläufig bestehen bleibt. Insbesondere in Berlin führt dies beim Kammergericht jedoch leider dazu, dass über den Eilantrag lange nicht oder im Extremfall sogar gar nicht vor der Hauptsacheentscheidung entschieden wird.

Um dies zukünftig auszuschließen, wäre es aus unserer Sicht zwingend erforderlich, dem OLG eine gesetzliche Frist zur Entscheidung über den Eilantrag zu setzen, beispielsweise vier Wochen nach dessen Eingang. Verstreicht diese Frist ohne Entscheidung, könnte als Rechtsfolge eine Ablehnungsfiktion des Eilantrags eintreten, wodurch das Zuschlagsverbot entfiele und der Auftraggeber den Zuschlag erteilen kann, obwohl in der Hauptsache über die Beschwerde noch nicht entschieden ist. Sie wäre aus unserer Sicht auch rechtsstaatlich vertretbar, da nach der Gesetzesbegründung zu Änderungen des § 176 Abs. 1 GWB im Entwurf des Vergabetransformationsgesetzes die Verlängerung des Zuschlagverbotes im Beschwerdeverfahren ohnehin die Ausnahme und nicht die Regel sein soll. Eine entsprechende Regelung könnte als neuer Absatz 4 in § 176 GWB aufgenommen werden.

Automatische Übertragung der Sachentscheidungsbefugnis auf das OLG

Eine weitere Unzulänglichkeit betrifft die vorgesehenen Änderungen in § 167 Abs. 1 GWB. Zwar wird die mehrfache Verlängerung der Entscheidungsfristen durch die Vergabekammern eingeschränkt, jedoch erfolgt ein Übergang der Sachentscheidungsbefugnis auf das OLG nur, wenn der Antragsteller eine entsprechende Beschwerde einlegt. Bleibt diese aus, verbleibt das Verfahren bei der Vergabekammer, obwohl sie ihre Entscheidungsfrist nicht mehr verlängern darf. Dies führt zu der absurden Situation, dass die Vergabekammer zwar nach § 167 GWB n.F. ihre eigene Entscheidungsfrist nicht mehr mehrfach verlängern darf, dies aber nur dann Rechtsfolgen hat, wenn der Antragsteller eine entsprechende Beschwerde einreicht. In vielen Fällen liegt es jedoch nicht im Interesse des Antragstellers, das Verfahren zu beschleunigen, insbesondere, wenn er als Bestandslieferant bis zu einer Entscheidung über den Nachprüfungsantrag am Fortbestand des Vertrags wirtschaftlich profitiert.

Um eine echte Beschleunigung zu erreichen, sollte § 171 Abs. 2 GWB dahingehend geändert werden, dass der ergebnislose Ablauf der Entscheidungsfrist nach § 167 Abs. 1 GWB automatisch und nicht nur auf Antrag des Beschwerdeführers zur Ablehnungsfiktion des § 171 Abs. 2 2. HS GWB führt.

Anhebung der Wertgrenzen für Auftragsvergaben

Neben den bundesrechtlichen Regelungen gibt es auch auf Länderebene Optimierungsbedarf. Eine massive Entbürokratisierung der Angebotseinholung sowie deutlich Entlastung der Vergabestellen als auch der Bieter könnte durch eine substanzielle Erhöhung der Wertgrenzen für Direktvergaben und Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb erreicht werden. Bayern und Baden-Württemberg haben die Wertgrenze für Direktvergaben bereits auf 100.000 Euro netto und die Wertgrenze für Verhandlungsvergaben auf 221.000 Euro netto angehoben.

In Berlin und im Bund ist derzeit eine Erhöhung der Wertgrenze für Direktvergaben auf lediglich 15.000 Euro netto geplant. Diese Anpassung ist unzureichend. Die aktuellen niedrigen Wertgrenzen und die daraus folgenden formalen Anforderungen an den Vergabeprozess bei Auftragswerten gerade im Bereich kleiner und mittlerer fünfstelliger Beträge führen dazu, dass es kaum noch möglich ist, die eigentlich geforderten und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit wünschenswerten mindestens drei Angebote zu erhalten. Oftmals führt das dazu, dass aufgrund des hohen Aufwands eines formellen Vergabeverfahrens keine Angebote abgegeben werden. Dies widerspricht dem Grundgedanken eines funktionierenden Wettbewerbs und führt dazu, dass oft nur der Bestandslieferant ein Angebot einreicht.

Fazit

Das Vergaberechtstransformationsgesetz enthält sinnvolle Ansätze zur Beschleunigung und Vereinfachung von Vergabeverfahren. Jedoch bestehen weiterhin erhebliche Defizite, insbesondere im Bereich der Beschwerdeverfahren und der Entscheidungsbefugnisse der OLGs. Eine klare Fristenregelung für Eilanträge sowie eine automatische Übertragung der Sachentscheidungsbefugnis an das OLG nach Fristablauf wären entscheidende Verbesserungen. Zudem sollte Berlin dem Beispiel anderer Bundesländer folgen und die Wertgrenzen für Direktvergaben deutlich anheben, um eine pragmatischere und wirtschaftlichere Vergabepraxis zu ermöglichen. Eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen würde das Vergaberecht nachhaltiger, effizienter und praxisnäher gestalten.

Abgrenzung zu Bauliefer-/Dienstleistungen

Vergabestellen versuchen teilweise leider nach wie vor, sich vergaberechtswidrig durch eine bewusste, mindestens aber fahrlässige Falscheinordnung der Leistungsgegenstände das Vergabeverfahren zu erleichtern. In krassen Fällen erfolgt dies durch eine ersichtlich unzutreffende Angabe von CPV-Codes, häufiger ist jedoch die Einordnung von Liefer- und Dienstleistungen als Bauleistungen mit dem Ziel aufgrund des eklatant höheren Schwellenwertes für Bauleistungen ein europaweites Vergabeverfahren und insbesondere den wirksamen Rechtsschutz des 4. Teils des GWB zu umgehen.

Das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Beschluss vom 05.12.2023, 54 Verg 8 / 23) hat dazu in einer wenige Wochen alten Entscheidung (OLG Schleswig, Beschluss vom 05.12.2023, 54 Verg 8 / 23) deutliche Worte gefunden und insbesondere noch einmal die Leitlinien für eine korrekte Abgrenzung zwischen Bauleistungen einerseits und Liefer- bzw. Dienstleistungen andererseits dargestellt:

Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens

Leistungsgegenstand des verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahrens war der Aufbau einer prototypischen Sensor-Infrastruktur zur Datenerfassung und Weiterleitung an einen zentralen Datenspeicher. Das System sollte an insgesamt 15 Standorten installiert werden, um die Gesamtanwendung für eine mögliche anschließende Umsetzungsphase zu erproben.

Der Auftraggeber hat diesen Leistungsgegenstand als Bauleistung eingestuft. Damit lag die geschätzte Auftragssumme (260.000 €) zwar über dem Schwellenwert für Liefer- und Dienstleistungen (215.000 €), aber unter dem Schwellenwert für die europaweite Ausschreibung von Bauleistungen (5.382.000€). Der Auftraggeber hat die Auftragsbekanntmachung daher nur national nach VOB/A vorgenommen. Auf den Nachprüfungsantrag und entsprechende Beschwerde hin hat der Vergabesenat richtigerweise eine Liefer- und Dienstleistung angenommen und den Antragsgegner verpflichtet, bei Fortdauer der Beschaffungsabsicht eine europaweite Ausschreibung nach VgV vorzunehmen.

Begründung

Ein Bauauftrag ist im § 103 Abs. 3 GWB definiert. Demnach ist ein Bauauftrag ein Vertrag über die Ausführung oder gleichzeitige Planung und Ausführung von Bauleistungen im Zusammenhang mit den in Anhang II der RL 2014/24 EU genannten Tätigkeiten oder eines Bauwerkes, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll, beziehungsweise nach § 1 Abs. 1 VOB/A ein Vertrag über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauvorhabens oder eines Bauwerks, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll. Die Begriffe Bauleistung und Bauwerk sollen dabei synonym sein.

Typengemischte Aufträge, d.h. Aufträge, die unterschiedliche Kategorien von Leistungen enthalten, sind gemäß § 110 Abs. 1 S. 1 GWB nach dem Hauptgegenstand des Auftrags einzuordnen. Das OLG Schleswig hat im konkreten Fall dazu ausgeführt:

„Die von der Antragsgegnerin ausgeschriebene Hauptleistung ist keine Bauleistung. Als Bauleistung kann allenfalls die Montage von Sensoren angesehen werden. Auch dabei dürfte eine Bauleistung aber allenfalls vorliegen, wenn der Auftragnehmer eigene Masten errichten soll, um daran Sensoren zu befestigen.  […]

Jedenfalls ist die Montage der Sensoren nicht die Hauptleistung des ausgeschriebenen Beschaffungsvorhabens. Dabei sind alle vier Lose zu betrachten, da es um ein einheitliches Vorhaben geht. Ziel ist nicht allein die Montage von Sensoren, sondern die Schaffung eines Systems aus Sensoren, die Daten erfassen und diese an die Datenplattform weiterleiten, wo sie weiterverarbeitet werden. Die bloße Montage von Sensoren wäre für die Antragsgegnerin wertlos.

Auch die Auftragnehmer der Lose 1 bis 3 haben umfangreiche Leistungen zu erbringen, die über die bloße Montage der Sensoren hinausgehen. Unter den anzubietenden Leistungen macht die Montage bloß einen Punkt aus. […]Die Bieter müssen das System planen und für eine fehlerfreie Erfassung und Weitergabe der Daten sorgen. Mit ihnen soll kein Bauvertrag, sondern ein EVB-IT Kaufvertrag abgeschlossen werden. Das zeigt, dass IT-Leistungen von der Antragsgegnerin als wesentliche angesehen wurden. Dementsprechend hat etwa die Antragstellerin (Angebot abgebildet S. 7 der Beschwerdebegründung, Bl. 7 d. A.) nicht nur die Sensoren selbst angeboten, sondern auch Software von beträchtlichem Wert. An dem Schwerpunkt der ausgeschriebenen Leistungen ändert es nichts, dass die Bieter ein Montagekonzept vorlegen mussten. Dieses befasste sich vor allem mit den vorgesehenen Befestigungen, damit diese mit den Eigentümern etwa der Masten abgestimmt werden konnten. Auch dass der Betrieb des Systems erst später starten sollte, ändert nichts daran, dass das System aus Sensoren bereits implementiert werden sollte und die Umsetzung der Show Cases erreicht werden sollte.“

Das OLG hat damit zutreffend herausgearbeitet, dass insbesondere Aufträge, die im wesentlichen IT-Leistungen umfassen als Liefer- bzw. Dienstleistung zu qualifizieren sind, auch wenn sie Montageleistungen einschließen. Im Vordergrund steht hier im Zweifel die Lieferung von Hard- und Software und zugehörige technische Installations- und Einrichtungsleistungen.

Insoweit dürfte die Entscheidung auch für andere Auftragsgegenstände anwendbar sein, die zwar zur Ausstattung von Immobilien gehören, ihrem Kern nach aber die Lieferung von IT-Systemen umfassen. Hier sind z.B. Zutrittskontroll- oder Zeiterfassungssysteme zu nennen. Auch hier wird die Montageleistung in aller Regel deutlich hinter der Datenerfassungs-, -speicherungs- und Auswertungsfunktionalität des Systems zurücktreten. Gleiches gilt auch für IT-Komponenten, wie z.B. Monitore, Displays, Whiteboards o.ä. die am Aufstellungsort nur zusätzlich z.B. an Wand oder Decke bzw. sonstigen Trägervorrichtungen montiert werden sollen, selbst wenn auch die Montage von einfachen Trägervorrichtungen zum Leistungsumfang gehört. Das OLG hat insoweit nicht einmal das Errichten ganzer Freiluftmasten unzweifelhaft („allenfalls“) als eine maßgebliche Bauleistung eingeordnet.

Men­gen­an­ga­ben bei Rah­men­ver­trä­gen und kein Ende

Bis zum Dezember des letzten Jahres waren die Anforderungen, die bei der Ausschreibung von Rahmenverträgen zur Angabe des Auftragsvolumens des Rahmenvertrages zu erfüllen sind, in der deutschen Vergaberechtsprechung relativ klar. Die Rechtsprechung orientierte sich am Wortlaut des § 21 Abs. 1 S. 2 VgV. Danach ist das in Aussicht genommene Austragsvolumen so genau wie möglich zu ermitteln und bekannt zu geben, braucht aber nicht abschließend festgelegt zu werden (so z.B. VK Bund, B. v. 07.12.2017, VK 1 – 131/17; OLG Düsseldorf, B. v. 21.10.2015, VII – Verg 28/14).

Diese scheinbare Gewissheit hat der europäische Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 19.12.2018 (C-216/17) erheblich erschüttert. In dieser allerdings auf der alten Richtlinie 2004/18/EG beruhenden Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass im Rahmen der Ausschreibung eines Rahmenvertrages eine Höchstmenge für die unter dem Rahmenvertag abrufbare Leistung festgelegt werden muss und der Rahmenvertrag mit Erreichen dieser Höchstmenge endet (Rz. 61ff). Der EuGH ist in dieser Entscheidung auch explizit darauf eingegangen, dass die Definition einer Rahmenvereinbarung Richtlinie in Art. 1 Abs. 5 davon spricht, dass in einem Rahmenvertrag nur „gegebenenfalls“ die in Aussicht genommene Menge festgelegt werden soll. Der EuGH weist insoweit in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass dieses „gegebenenfalls“ keinesfalls so zu interpretieren ist, dass die Angabe der Mengen der Leistungen, die die Rahmenvereinbarung umfasst, nur fakultativ sei (Rz. 58).

Die VK Bund hat in ihrem Beschluss vom 19.07.2019 (VK 1 – 39/19) entschieden, diese Rechtsauffassung des EuGH sei auf die neue Rechtslage unter der Richtlinie 2014/24/EU nicht anwendbar. Zur Begründung führt die VK Bund aus, dass Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie wie folgt lautet:

„Bei einer Rahmenvereinbarung handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern, die dazu dient, die Bedingungen für die Aufträge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.“ (Unterstreichung durch den Verfasser)

Was die VK Bund dabei – im Zweifel ergebnisorientiert – offensichtlich übersehen hat, ist der Umstand, dass Art. 33 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU wortgleich zu Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2004/18/EG ist, also auch bereits das Wort „gegebenenfalls“ enthält und der EuGH zur Auslegung bzw. (Nicht-)Bedeutung dieses „gegebenenfalls“ sich in seiner Entscheidung vom 19.12.2018 ausdrücklich geäußert hat (s.o.). Auch soweit die VK Bund im Anschluss auf die vermeintlich unterschiedlichen Vorschriften zum Inhalt der Bekanntmachungen in beiden Richtlinien abstellt, verfängt die Argumentation bei näherem Hinsehen nicht. So heißt es in Anhang V Teil C Nr. 10a der Richtlinie 2014/24/EU:

„Soweit möglich, Angabe des Werts oder der Größenordnung und der Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge sowie gegebenenfalls vorgeschlagene Höchstzahl der teilnehmenden Wirtschaftsteilnehmer.“ (Unterstreichung durch den Verfasser)

Die entsprechende Regelung der Richtlinie 2004/18/EG Anhang VII Teil A zu Bekanntmachungen dort Nr. 6. b) – lit. a) bzw. c) unterschieden sich nur dadurch, dass dort Bau- bzw. Dienstleistungen geregelt sind – hat folgenden Wortlaut:

„Bei Rahmenvereinbarungen ferner Angabe der vorgesehenen Laufzeit der Vereinbarung, des für die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung veranschlagten Gesamtwerts der Lieferungen sowie – wann immer möglich – des Wertes und der Häufigkeit der zu vergebenden Aufträge.“ (Unterstreichung durch den Verfasser)

Auch insoweit ist also festzustellen, dass die neue Richtlinie im Vergleich zur alten Regelung die zwar nicht wort-, aber inhaltsgleiche Regelung im Hinblick auf die unter dem Rahmenvertrag zu vergebenden Aufträge enthält. Die alte Richtlinie enthielt dazu lediglich noch eine weitere Aussage zum veranschlagten Gesamtwert. Ob allein dieses schlichte Fehlen dieser Aussage zum notwendigen Inhalt der Bekanntmachung es rechtfertigt, die Entscheidung des EuGH zur alten Richtlinie als auf die neue Richtlinie nicht anwendbar zu erklären, darf bezweifelt werden, zumal die VK Bund auf diesen einzigen Unterschied gerade nicht abstellt.

Die VK Berlin hat die Frage der Anwendbarkeit der Entscheidung des EuGH auch auf die neue Rechtslage/Richtlinie explizit offen gelassen (B. v. 13.09.2019, VK – B 1 – 13/19).

Im Hinblick auf die wenig überzeugende Begründung der VK Bund bleibt also abzuwarten, wann und wie das erste Beschwerdegericht diese Frage beantworten wird. Im Interesse aller Vergabestellen ist zu hoffen, dass dieses Beschwerdegericht die entsprechenden Rechtsfragen erneut dem EuGH zur Vorabentscheidung über die Auslegung nunmehr der neuen Richtlinie vorlegt, um hier Rechtssicherheit für die Vergabestellen zu schaffen.