Wann gilt eine Kündigung als zugegangen?
Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bringt Klarheit in eine der häufigsten Streitfragen im Arbeitsrecht: Wie gelingt der Nachweis der Zustellung der Kündigung? Diese Frage ist besonders relevant, da der Zugang nicht nur für die Einhaltung von Kündigungsfristen und den Beginn der Klagefrist von zentraler Bedeutung ist, sondern auch dafür, ob die Kündigung überhaupt wirksam ist.
Sachverhalt: Der Streit um den Zugang der Kündigung
Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Arbeitgeber einer Mitarbeiterin gekündigt. Allerdings stand die Frage im Raum, ob die Kündigung der Mitarbeiterin überhaupt zugegangen war.
Denn eins steht fest: Erhält der zu kündigende Mitarbeiter die Kündigung nicht, dann ist diese nicht wirksam und das Arbeitsverhältnis infolgedessen auch nicht gekündigt.
Der Arbeitgeber hatte behauptet, dass zwei Mitarbeiterinnen das Kündigungsschreiben gemeinsam in einen Briefumschlag gesteckt hätten und dass eine von diesen den Umschlag dann zur Post gebracht hätte. Dort soll sie den Versand als Einwurf-Einschreiben veranlasst haben.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG (Urt. v. 30.01.2025, 2 AZR 68/24) stellt klar, dass eine schriftliche Kündigung in dem Moment als zugegangen gilt, in dem sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt und unter gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann.
Allerdings ist der Arbeitgeber für den Zugang eines Kündigungsschreibens beweisbelastet. Das bedeutet, er muss konkret nachweisen, dass die Kündigung auch tatsächlich in den Briefkasten der Mitarbeiterin eingeworfen wurde – oder noch besser: dass die Kündigung persönlich übergeben wurde.
Einwurf-Einschreiben ist kein Beweis
Die Versendung der Kündigung mittels Einwurf-Einschreiben ist für die Erbringung dieses Beweises nicht ausreichend.
Dem Arbeitgeber half auch ein Ausdruck der Sendungsverfolgung nicht weiter, weil bei dieser wesentliche Informationen fehlten.
Im Urteil heißt es hierzu:
„Der Ausdruck des Sendungsstatus, auf dem dieselbe Sendungsnummer wie auf dem Einlieferungsbeleg sowie das Zustelldatum vermerkt sind, bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr für einen Zugang.
In diesem Fall lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom Bundesgerichtshof beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde.
Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg.
Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.“
Außerdem ließ sich dem Sendungsstatus auch nicht entnehmen, an wen der Brief überhaupt zugestellt wurde: an die Empfängerin persönlich oder an eine andere im Haushalt lebende Person oder nur durch Einwurf in den Briefkasten? Es war noch nicht einmal die Adresse der Zustellung vermerkt. Auch die Uhrzeit der vermeintlichen Zustellung fehlte. Darüber hinaus fanden sich im Sendungsstatus auch keine Angaben zur der Person, die das Schreiben zugestellt hat.
Kein Beweis – keine Kündigung
Da der Arbeitgeber die Zustellung der Kündigung also nicht nachweisen konnte, war die Kündigung insgesamt als unwirksam anzusehen.
Praktische Auswirkungen für Unternehmen
Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber.
Arbeitgeber, die Mitarbeitern kündigen wollen, müssen sicherstellen, dass die Kündigung auch innerhalb der Kündigungsfrist zugestellt wird.
Ein Einwurf-Einschreiben ist hierfür ungeeignet.
Praxishinweis: Fehler bei der Zustellung der Kündigung vermeiden
Damit eine Kündigung rechtssicher zugeht, sollten Arbeitgeber folgende Punkte beachten:
- Nachweis der Zustellung: Der Einwurf sollte bestenfalls durch Zeugen oder Boten dokumentiert werden.
- Keine elektronischen Mittel: Eine Kündigung per E-Mail oder Fax reicht im Arbeitsrecht nicht aus, da sie nicht das gesetzliche Schriftformerfordernis erfüllt. Auch eine „Vorabübermittlung“ der Kündigung per Mail hilft nicht weiter, da auch dies kein Nachweis darstellt, dass die Kündigung noch korrekt zugestellt wurde.
- Zeitpunkt des Einwurfs: Idealerweise sollte der Einwurf in den Briefkasten vormittags erfolgen, um sicherzustellen, dass der Empfänger noch am selben Tag Kenntnis nehmen kann. Wird die Kündigung erst 23 Uhr in den Briefkasten eingeworfen, ist in der Regel nicht mehr von einem Zugang am gleichen Tag auszugehen. Das kann Folgen für die Kündigungsfrist haben.
Fazit
Die Zustellung einer Kündigung sollte bestenfalls per Boten erfolgen. Diese holen das Schreiben beim Arbeitgeber an und nehmen es auch zur Kenntnis, bevor es in den Umschlag gesteckt wird. Anschließend begeben sie sich zur Zustelladresse und dokumentieren die korrekte Zustellung der Sendung. Dem Arbeitgeber übermitteln sie dann diese Dokumentation.
Hierdurch hat der Arbeitgeber nicht nur eine ausreichende Dokumentation. Er kann im Prozess den Boten auch als Zeugen für die Zustellung benennen.
Bei Fragen rund um Kündigungen und bei Kündigungsschutzklagen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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