„Gefangen“ im Cloud-Vertrag? Der Data Act erleichtert Provider Switching

„Gefangen“ im Cloud-Vertrag? Der Data Act erleichtert Provider Switching

Das Problem

„Begin with the end in mind“: Diesen Grundsatz übersehen viele Kunden, wenn sie einen Cloud-Vertrag oder einen Vertrag über SaaS, IaaS oder PaaS abschließen. Der Vertragsschluss auf der Basis von Standardkonditionen der Anbieter ist vergleichsweise einfach. Der Ausstieg aus dem Vertrag stößt aber häufig auf Probleme, weil sich im Vertrag keine oder nur unzureichende Regelungen zum Wechsel vom bisherigen Provider zu einen neuen Provider finden. Zu Unterstützungspflichten des Providers bei Vertragsbeendigung und bei der Überführung der Services auf einen Dritten sowie zu einer diesbezüglichen Vergütung ist häufig nichts geregelt. Hier ist der Anwender derzeit auf das Entgegenkommen des Anbieters angewiesen. Dies führt für den Anwender zu einer schwierigen „Lock-In“-Situation.

Abhilfe durch den Data Act

Durch den im Januar 2024 in Kraft getretenen Data Act soll es nun Abhilfe geben. Ziel des Data Act ist es, den Wechsel zwischen einzelnen Providern oder von einem Provider zurück zu den Systemen des Anwenders zu erleichtern. Die Hindernisse für einen wirksamen Wechsel, insbesondere die vorkommerziellen, gewerblichen, technischen, vertraglichen und organisatorischen Hindernisse sollen beseitigt werden. Der Data Act sieht in den Art. 23 ff. hierzu zahlreiche Regelungen vor. Hierbei handelt es sich um unmittelbar geltendes Gesetzesrecht.

Adressaten der Regelungen

Adressaten der Regelungen sind Anbieter von sogenannten „Datenverarbeitungsdiensten“. Dieser Begriff ist weit zu verstehen. Erfasst wird eine beträchtliche Zahl von Diensten mit einer großen Bandbreite an unterschiedlichen Anwendungszwecken, Funktionen und technischen Strukturen. Hierunter fallen Dienste, die eines oder mehrere der folgenden Modelle anbieten: Infrastructure-as-a-Service“ (IaaS), „Platform-as-a-Service“ (PaaS) und „Software-as-a-Service“ (SaaS). Aber auch andere Varianten zählen dazu, wie z.B. „Storage-as-a-Service“ und „Database-as-a-Service“.

Verpflichtungen der Provider

Die Provider treffen weitreichende Verpflichtungen. So zwingt sie das Gesetz, in dem Vertrag mit dem Anwender bestimmte Vertragsklauseln zu dessen Schutz zu vereinbaren, z.B. die Regelung einer Wechselmöglichkeit auf Verlangen, die Verpflichtung zur Leistung angemessener Unterstützung oder auch Regelungen zu Wechselentgelten. Des Weiteren treffen den Anbieter u.a. Informationspflichten und die Verpflichtung, technische Vorkehrungen zur Ermöglichung eines Wechsels vorzunehmen. Für die Provider bedeutet dies, dass sie ihre Verträge entsprechend anpassen und die erforderlichen Prozesse und technischen/organisatorischen Maßnahmen treffen müssen.

Ausgenommene Datenverarbeitungsdienste

Von den weitreichenden Pflichten der Provider sind Datenverarbeitungsdienste ausgenommen, die für den Anwender „maßgeschneidert“ wurden und die nicht im größeren Maßstab über den Dienstleistungskatalog des Anbieters im Markt offeriert werden. Die Pflichten gelten auch nicht für Dienste, die nicht als Vollversion, sondern zu Test-und Bewertungszwecken und für einen begrenzten Zeitraum bereitgestellt werden.

Zeitliche Geltung der Bestimmungen

Die entsprechenden Bestimmungen des Data Act gelten ab dem 12. September 2025. Den Providern bleibt deshalb für die Umsetzung und die Anpassung der entsprechenden Verträge noch etwas Zeit. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass die entsprechenden Regelungen des Data Act bereits zeitlich eine gewisse Vorwirkung entfalten: Viele Anwender werden vermutlich Wert darauf legen, dass die vom Data Act geforderten vertraglichen Regelungen bereits jetzt in Neuverträge aufgenommen werden.

Autor

Dr. Michael Karger
Dr. Michael Karger

Partner, Fach­an­walt für In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie­recht, Fach­an­walt für Ver­wal­tungs­recht

TCI Rechts­an­wäl­te Mün­chen

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