Neue rechtliche Vorgaben der EU zum Vertragsrecht werden demnächst dazu führen, dass die Mehrzahl aller Verträge (und Allgemeiner Geschäftsbedingungen), bei denen es um digitale Inhalte oder digitale Services geht, weitgehend revidiert werden müssen. Das BGB wird durch eine Vielzahl neuer Bestimmungen (insbesondere durch Einfügung der §§ 327 ff.) ergänzt.
Derzeit liegt ein Regierungsentwurf vor, aus dem sich die anstehenden Änderungen entnehmen lassen. Bis Juli 2020 soll das entsprechende Gesetz vorlegen, zum 01.01.2022 in Kraft treten. Der Zeitraum für die Umsetzung in die Vertragspraxis ist damit denkbar knapp, da es hier nicht nur um rechtliche Formulierung, sondern auch um Geschäftsprozesse und deren technische Umsetzung geht. Betroffen sind die meisten Verträge, in denen es um die Lieferung digitaler Inhalte (u.a. Daten, Software, Content) oder die Erbringung digitaler Services geht. Der Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Regelung ist denkbar breit.
Damit wird die „Digitalisierung“ des Vertragsrechts weiter vorangetrieben. Wesentliche Neuerungen in Stichpunkten:
- Regelungen gelten nur für entgeltliche Verträge, wobei Entgeltlichkeit in der Regel auch dann gegeben ist, wenn mit personenbezogenen Daten bezahlt wird
- Regelungen unabhängig vom Vertragstyp (Keine Differenzierung nach Kauf, Miete, Dienst, etc.)
- Neues Gewährleistungsrecht
- Viele Vorschriften unabdingbar
- Gestaltungsspielräume für den Anbieter beim Mangelbegriff, insbesondere beim objektiven Mangelbegriff
- Besondere Vorschriften für abweichende Vereinbarungen, unter anderem Pflicht zur rechtzeitigen Information und ausdrückliche Zustimmung mittels technischer Opt-In-Lösung
- Aktualisierungspflicht für digitale Inhalte
- Regelungen zum Unternehmer, Regress in der Lieferkette
- Verbraucherfreundliche Regelungen zur Verjährung und zur Beweislast
- Ausnahmen für Open Source
Das neue Regelwerk ist denkbar kompliziert, Abgrenzungen zum Urheberrecht und zum Datenschutzrecht sind unscharf. Entsprechende Projekte zur Neugestaltung von Verträgen und Vertragsmodellen müssen rechtzeitig begonnen werden, da man sonst am 01.01.2022 mit abmahnfähigen AGB, etc., exponiert ist. Das Thema war unter anderem Schwerpunktthema der Kölner Tage IT-Recht im März 2021.