Sachverhalt
In der gegenständlichen Entscheidung weist das OLG Köln die sofortige Beschwerde eines Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Darlegung einer besonderen Dringlichkeit zurück.
Der Antragsteller beantragte zunächst beim LG Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der die Antragsgegnerin dazu verpflichtet werden sollte, es zu unterlassen, ein von ihm hergestelltes Lichtbild ohne Urhebervermerk öffentlich zugänglich zu machen. Die Antragsgegnerin hatte das Bild auf Ihrer Internetseite veröffentlicht, ohne einen Urheber zu benennen. Zugleich enthielt ihre Internetseite den Hinweis, dass sie Urheberrechte beachte und Inhalte Dritter als solche kennzeichne. Das LG Köln wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück, weil die AGB des Antragstellers nur einen Hinweis auf den Urheber bei einer redaktionellen Nutzung verlangten. Bei einer gewerblichen Nutzung, die bei der Antragsgegnerin vorgelegen habe, habe er somit auf eine Urheberbenennung verpflichtet.
Gegen den Beschluss des LG Köln legte der Antragsteller die sofortige Beschwerde ein. Die Nutzung des Bildes sei nicht lediglich gewerblich erfolgt, sondern auch redaktionell. Eine Verletzung liege damit vor.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Köln wies die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Kölns zurück. Es sah eine Verletzungshandlung der Antragsgegnerin allerdings als gegeben an, da die Antragsgegnerin durch den Hinweis auf Ihrer Internetseite den Eindruck erweckt habe, alle nicht gekennzeichneten Inhalte stammten von ihr selbst.
Laut dem OLG Köln sei der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung aber dennoch unbegründet gewesen. Zwar habe eine Verletzung vorgelegen, der Antragsteller habe die Verfolgung seiner Rechte auch nachdrücklich betrieben und aufgrund der Verletzungshandlung bestehe eine Wiederholungsgefahr für eine erneute Verletzungshandlung, der Antragsteller habe aber nicht in ausreichendem Maße nachgewiesen, dass es ihm nicht zumutbar sei eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Die Antragsgegnerin hatte nach dem Hinweis des Antragstellers, dass seine Rechte verletzt würden, zwar keine vertragsstrafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, sie fügte beim streitgegenständlichen Lichtbild aber einen Hinweis auf die Urheberschaft des Antragstellers ein. Dieser führe laut dem OLG Köln nicht dazu, dass die Wiederholungsgefahr entfalle. Vielmehr bleibe dieser gemäß der Rechtsprechungspraxis so lange bestehen, bis eine vertragsstrafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werde oder die Täterin gerichtlich zur Unterlassung verpflichtet werde. Nichtsdestotrotz bestünden aufgrund des nachgeholten Urhebervermerks keine Anzeichen mehr dafür, dass eine erhöhte Eilbedürftigkeit bestehe.
Damit ein Verfügungsgrund vorliege, müsse eine „Dringlichkeit“ bestehen, ansonsten sei es dem Antragsteller zuzumuten, eine Entscheidung der Sache im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Eine Dringlichkeit ergebe sich aber nicht schon aus der materiell-rechtlichen Erstbegehungs- und Wiederholungsgefahr. Lediglich zu dieser habe der Antragsteller auch nach einem entsprechenden Hinweis des Amtsgerichts (gemeint war wohl des Landgerichts) aber Ausführungen gemacht. Auch die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG greife für den vorliegenden Fall nicht. Der Antragssteller hätte insofern darlegen und glaubhaft machen müssen, dass eine solche Dringlichkeit vorliege, die ihm das Abwarten unzumutbar machten.
Stellungnahme
Dass die Eilbedürftigkeit gerade im Urheberrecht nicht wie bei § 12 UWG vermutet wird und der Antragsteller zur Eilbedürftigkeit vorzutragen hat, dürfte mittlerweile hinlänglich bekannt sein. Interessant an dieser Sache ist jedoch die aufkommende Frage, ob im Falle der unterlassenen Urheberbenennung allein das nachträgliche Anbringen die Eilbedürftigkeit beseitigt, sofern eine solche überhaupt bestehen haben mag.
Man könnte sogar noch weiter gehen und hinterfragen, ob grds. das Einstellen der rechtsverletzenden Handlung dazu führen kann, dass eine Eilbedürftigkeit nicht (mehr) gegeben ist.
Und die abschließende wichtige Frage ist schließlich, wie sich die Einstellung der Rechtsverletzung auf die Anforderungen des Vortrages zur Eilbedürftigkeit auswirkt. Es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende Zuwiderhandlung gegen ein Unterlassungsgebot bestehen. Das kann man durchaus kritisch sehen, wenn die Rechtsverletzung eingestellt wurde.
Für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Urheberrechten muss die Höhe eines angemessenen Schadens oftmals gerichtlich festgestellt werden. In Betracht kommt hier regelmäßig die sog. Lizenzanalogie – nämlich der Betrag, der bei einer fiktiven Lizenzierung hätte gefordert werden können. In der Praxis ist es häufig schwer einen Anknüpfungspunkt für die Höhe einer fiktiven Lizenzierung zu finden.
Wurde die widerrechtliche Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werkes aufgrund einer Inanspruchnahme durch den Rechteinhaber nachlizenziert, wird in nachfolgenden Forderungen von Schadensersatzes wegen widerrechtlicher Nutzung von den Rechteinhabern gerne auf diese Schadenshöhe abgestellt. Das dies nicht so ohne weiteres möglich ist, hat das OLG München mit Urteil v. 11.04.2019 – Az.29 U 3773/17 entschieden.
I. Die Höhe des Schadensersatzes
Die Höhe des Schadensersatzes kann im Urheberrecht gem. § 97 Abs.2 S.3 UrhG – nach der sog. Lizenzanalogie – bestimmt werden. Die Höhe bestimmt sich also auf Grundlage des Betrages, der im Rahmen einer Lizenzierung vereinbart wäre, u.U. zuzüglich eines Verletzerzuschlags. Es wird also ein Lizenzvertrag fingiert, dessen Inhalt sich nach objektiven Gesichtspunkten bestimmt.
In Bereichen in denen Tarifwerke von Verwertungsgesellschaften bestehen, können diese als Indiz herangezogen werden (bspw. die MFM-Tabelle für Fotografien). In Bereichen, in denen sich die Höhe des Lizenzvertrages allerdings aus freien Vertragsverhandlungen ergibt, ist es schwierig dies nachträglich zu fingieren und einen objektiven Anknüpfungspunkt zu finden.
II. Rückgriff auf die Höhe i.R. einer Nachlizenzierung
Das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Rechteinhaber und Verletzer nachträglich eine Lizenzvereinbarung über die ursprünglich rechtswidrige Nutzung schließen, um so einem schwer kalkulierbaren Rechtsweg zu entgehen.
Nach Auffassung des OLG München ist die Höhe solcher Nachlizenzierungen allerdings gerade kein geeignetes Indiz für nachrangige Inanspruchnahmen und Berechnungen im Wege der Lizenzanalogie, denn die Motivation zum Abschluss eines Lizenzvertrages ist hier lediglich Schadensbegrenzung. Das klingt plausibel, denn die Alternative wäre der gerichtliche Weg, den beide Parteien, aber vor allem der Verletzer, aus schwer kalkulierbaren Kostengründen scheuen.
Das Ergebnis dieser nachträglichen Verhandlungen ist daher kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Höhe einer Lizenz unter „normalen“ Umständen. Der Verletzer will in erster Linie erreichen, dass der Rechteinhaber auf die Geltendmachung von Verletzungsansprüchen verzichtet und ist deshalb in einer vergleichbar schwachen Verhandlungsposition – so das OLG München. Ein derartiger Vertragsschluss sei mithin ungeeignet einen objektiven Wert der bloßen Nutzung zu bestimmen.
III. Fazit
Der Anknüpfungspunkt für die Lizenzanalogie muss daher stehts objektiver Natur sein und der Höhe entsprechen, die unter normalen Umständen im Wege von Vertragsverhandlungen zustande gekommen wäre. Verhandlungen unter einer solchen Drucksituation im Wege der Nachlizenzierung sind das mithin nicht.
Bei Anspruchsschreiben samt Forderung von Schadensersatz wegen vermeintlicher Rechteverletzung ist daher regelmäßig Vorsicht geboten.
(Dieser Beitrag erfolgte mit Unterstützung unseres wiss. Mitarbeiters Marvin Dinges.)