I.
Unternehmen stehen für den Vertrieb ihrer Produkte zahlreiche Vertriebsmodelle zur Verfügung. Dazu gehören neben Vertragshändler-, Handelsvertreter- und Kommissions-, Alleinvertriebs- und Filialsystemen auch Franchise-Systeme. Franchising ist dabei eines der weitverbreitetsten in Deutschland.
In einem Franchise-System bietet der Franchise-Geber einer Mehrzahl von Franchise-Nehmern typischerweise ein erprobtes Geschäftskonzept unter einer einheitlichen Marke an.
Franchise-Nehmer sind selbstständige Unternehmer, die im eigenen Namen, auf eigene Rechnung und eigenes Risiko tätig sind. Zwar hat der Franchise-Geber regelmäßig Weisungs- und Kontrollbefugnisse im Hinblick auf die Einhaltung der im Franchise-Handbuch festgelegten Anforderungen an den Franchise-Nehmer, jedoch trägt der Franchise-Nehmer das unternehmerische Risiko. Er ist somit auch Unternehmer im Sinne des Kartellrechts. Die Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer unterliegt daher der kartellrechtlichen Kontrolle.
II.
Nennt der Franchise-Geber im Rahmen von Werbemaßnahmen Preise der Franchise-Produkte, kann dies gegen das Kartellverbot nach § 1 GWB bzw. Art. 101 I AEUV in Form des Verbots der vertikalen Preisbindung verstoßen. Immerhin setzt der Franchise-Geber durch die faktische Bindungswirkung der Werbung den Wiederverkaufspreis fest. Dies gilt auch, wenn der Franchisegeber in einem dualen Vertriebssystem mit eigenen Filialen und Franchise-Nehmern feste Endverkaufspreise bewirbt, ohne zwischen Filial- und Franchise-Betrieben zu differenzieren. Dadurch übt er einen wirtschaftlichen Druck auf die Franchise-Nehmer aus, der einer vertraglichen Preisbindung gleichkommt.
Kartellrechtlich zulässig sind Preisempfehlungen und Höchstpreise, sofern sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eines der beteiligten Unternehmen tatsächlich wie Fest- oder Mindestverkaufspreise auswirken.
III.
Ein Berliner Franchise-Nehmer der Burgerkette Burger King zog gegen die regelmäßigen Rabatt-Aktionen des Franchise-Gebers in TV-Spots vor Gericht. Er vertrat die Ansicht, die Vorgabe des Franchise-Gebers zu Preisaktionen wie dem „King der Woche“ und den „Probierwochen“ verstoße gegen das kartellrechtliche Verbot der Preisbindung. Ein Händler dürfe dem Abnehmer keine Preise vorschreiben, so die Argumentation des Klägers. Dies sei aber in der Praxis der Fall, auch, weil der Druck der Kunden groß werde, wenn man als einzelner Franchise-Nehmer nicht an den Aktionen teilnehme. Die Rabatt-Aktionen sorgten zudem für zwei negative Effekte: Die niedrigen Preise schmälerten den Gewinn an den verkauften Produkten. Gleichzeitig aber sorgten die dadurch insgesamt höheren Umsätze durch mehr verkaufte Burger dafür, dass die Franchise-Nehmer eine höhere Franchise-Gebühr, die umsatzabhängig berechnet wird, abführen müssten.
Im TV-Spot zu den Rabatt-Aktionen erfolgte zwar ein Hinweis, dass es sich lediglich um unverbindliche Preisempfehlungen handeln soll, doch war dieser derart klein, unscheinbar und kurz eingeblendet, dass er dem Zuschauer überhaupt nicht auffiel.
IV.
Das OLG München (Urt. v. 07.11.2019 – 29 U 4165/18 Kart) bejahte in seiner Entscheidung zwar, dass durch diese faktische Preisbindung ein wirtschaftlicher Druck auf die Franchise-Nehmer ausgehen kann, der einer kartellrechtlich verbotenen vertraglichen Preisbindung gleichkommt, sah darin aber – anders als das Landgericht, das hier von einer Kernbeschränkung nach Art. 4 lit. a der Vertikal-GVO ausging, bei der eine Freistellung vom Kartellverbot gemäß Art. 2 I der Vertikal-GVO gerade nicht in Betracht kommt – eine zulässige Höchstpreisbindung.
Der Franchise-Nehmer sei nach Ansicht des Gerichts nicht daran gehindert, einen niedrigeren als den beworbenen Preis zu verlangen. Zwar komme eine Freistellung für Höchstpreisbindungen nicht in Betracht, wenn sich die Preisvorgabe infolge von Druck oder Anreizen tatsächlich als Vorgabe von Fest- oder Mindestverkaufspreisen auswirke. Dieser Fall sei vorliegend aber nicht gegeben, denn jeglicher aufgrund des Sachvortrags des Klägers unterstellte Druck habe jedenfalls nicht dazu geführt, dass der Franchise-Nehmer daran gehindert gewesen sei, in seinem Betrieb jeweils niedrigere Preise als die beworbenen zu verlangen.
V.
Davon abgesehen, dass eine Höchstpreisbindung vertraglich zu vereinbaren gewesen wäre, was vorliegend nicht der Fall war, weicht diese Rechtsprechung von der vom BGH vorgegebenen Linie ab, die vergleichbare Fälle bislang als klaren Verstoß gegen das Kartellverbot eingeordnet hat. Nach Ansicht des BGH kann von einer Preiswerbung eines Franchise-Gebers, der Waren oder Dienstleistungen teils über ein Franchise-System, teils über eigene Filialen vertreibt, sehr wohl ein wirtschaftlicher Druck auf die Franchise-Nehmer zur Übernahme der beworbenen Preise ausgehen, der einer verbotenen Preisbindung nach § 1 GWB gleichkommt, wenn die Preisangaben nicht ausdrücklich auf die eigenen Filialen beschränkt sind oder auf deren Unverbindlichkeit für die Franchise-Betriebe hingewiesen wird.
Nach der Entscheidung des OLG München bedürfte es künftig weder eines solchen relativierenden Hinweises noch einer vertraglichen Regelung zu Höchstpreisen. Leider hat das OLG München die Revision zum BGH nicht zugelassen, so dass die weitere Entwicklung abzuwarten ist.