Der Widerrufsbutton kommt

Verbraucher können online schnell und einfach Verträge abschließen. In Zukunft soll das auch für die Ausübung des Widerrufsrechtes gelten. Dazu wird der Widerrufsbutton geschaffen. Die EU macht neue Vorgaben für Online-Shops.

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TCI auf den Kölner Tagen IT-Recht 2024

Wir freuen uns, dass TCI auch in diesem Jahr auf den Kölner Tagen IT-Recht des Verlags Dr. Otto Schmidt (07.03. und 08.03.2024) vertreten ist.

Dr. Michael Karger (TCI München) übernimmt gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Sibylle Gierschmann (Gierschmann Legal, Hamburg) die Leitung der Tagung. Dr. Thomas Stögmüller referiert zum Thema „Computerprogramme: Gesetzliche Mindestrechte des berechtigten Nutzers“.

Die Hybrid-Tagung unter dem Titel „Von der Datenbeschaffung bis zur Lizenz“ deckt eine Vielzahl aktueller Themen des IT-Rechts ab, darunter:

  • EU-Datenstrategie und rechtliche Umsetzung (u.a. Data Governance Act, Data Act)
  • Datenüberlassungs-Verträge im Lichte des Data Act
  • Datenbeschaffung durch Data Scraping
  • AI Act: Herausforderungen für die Praxis
  • Ethics und Compliance by Design in IT-Verträgen
  • Globale Perspektive: Wettstreitende Regulierungsmodelle (USA, EU, China)
  • Softwarekomponenten als urheberrechtliche Schutzgegenstände
  • Gesetzliche Mindestrechte an Computerprogrammen
  • Patentierbarkeit von Software und KI-Systemen
  • Neues IT-Sicherheitsrecht: Relevanz für IT-Verträge
  • „Digitale Produkte“ als Vertragsgegenstand

Die Tagung ist ein „Muss“ für alle Praktiker, die sich mit der Digitalstrategie auf europäischer und globaler Ebene auseinandersetzen. Sie liefert konkrete Hilfestellungen zur Vertragsgestaltung und gibt ein Update zu den neusten rechtlichen Entwicklungen im IT-Recht.

Ein Themenschwerpunkt ist der Zugang zu Daten sowie der Umgang mit der Regulierung von KI. Dabei legt die Veranstaltung Wert darauf, nicht nur die europäische Strategie zur Regulierung des Datenrechts, sondern auch die globale Perspektive auf wettstreitende Regulierungsmodelle zu berücksichtigen. Ungeachtet der Regulierungsfragen geht die Tagung auf konkrete rechtliche Fragen beim Einsatz von KI-Systemen ein und arbeitet die insoweit naheliegenden Anforderungen an die Vertragsgestaltung heraus. Zudem gehen die Referenten auf umstrittene Fragen zum Urheber- und Patentschutz von IT-Systemen ein. Konkret wird es auch bei der Gestaltung von IT-Verträgen unter dem Blickwinkel des neuen IT-Sicherheitsrechts oder im Hinblick auf digitale Produkte.

Zielgruppe: Rechtsanwälte, Richter, Justiziare und IT-Verantwortliche in Unternehmen, Behörden und Verbänden.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer schätzen an den Kölner Tagen IT die ebenso professionelle wie kollegiale und informelle Atmosphäre als Grundlage für Erfahrungsaustausch und Networking.

Weitere Informationen zur Veranstaltung finden Sie hier https://www.otto-schmidt.de/koelner-tage-it-recht.

Belehrung über das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht – Dritter Akt

Nach zwei Jahren war es wieder an der Zeit, sich mit den rechtlichen Entwicklungen rund um das Widerrufsrecht zu beschäftigen. Aber nicht nur ein Blick zurück, auch ein Blick in die Zukunft war wichtig, denn es stehen große Neuerungen vor der Tür: Der Widerrufsbutton.

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Noch 500 Tage – Webseiten und Barrierefreiheit nach dem BFSG

Zum 28.6.2025 müssen die Pflichten aus dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt werden. Das BFSG dient der Implementierung der EU-Richtlinie 2019/882, “European Accessibility Act, in Deutschland. Beide Regelungen sowie die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz vom 22.6.2022 (BFSGV) sollen es ermöglichen, dass Verbraucher und Nutzer wesentliche Produkte und Dienstleistungen des täglichen Lebens barrierefrei nutzen können.

Webseiten und Webshops

Gemeinsam mit Ria Weyprecht, der Inhaberin von stolperfrei.digital Consulting, beleuchte ich aus dem Gesetz folgende Anforderungen in Deutschland. Wir betrachten dabei die Vorgaben für Internetseiten und Webshops aus technischer und rechtlicher Sicht.

  • Was ist der Zweck?
  • Welche Webseiten fallen unter Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
  • Wer ist verpflichtet?
  • Gibt es Ausnahmen?
  • Wie funktioniert die Umsetzung?
  • Gibt es fachliche und technische Vorgaben?

Antworten hierauf und auf weitere Fragen finden Sie in unserem Artikel:

Vollständiger Artikel auf versandhandesrecht.de

Produkte

Das BFSG geht aber über die Anwendbarkeit auf Webseiten weit hinaus. Nach § 1 Abs. 2 BFSG müssen bestimmte Produkte barrierefrei angeboten werden. Dies gilt vor allem für:

  • Hardwaresysteme (einschließlich Betriebssystem) für Verbraucher
  • Näher bestimmte Selbstbedienungsterminals (z.B. Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten)
  • Bestimmte Verbraucherendgeräte und E-Book-Lesegeräte

Das heißt unter anderem, dass künftig auch Geräte wie PC, Tabletts, Smartphones, die (auch) für Verbraucher bestimmt sind, barrierefrei sein müssen.

Sonstige Dienstleistungen

Neben die Auswirkungen auf Webseiten sind auch weitere Dienstleistungen betroffen. Hierzu zählen insbesondere:

  • Telekommunikationsdienste (zu einem großenTeil)
  • Bestimmte Elemente von Personenbeförderungsdiensten
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher
  • E-Books
  • Andere Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr 

Barrierefreiheit auf mehreren Ebenen

Für die Anbieter kann dies im Einzelfall bedeuten, dass Barrierefreiheit auf mehreren Ebenen umzusetzen ist. So muss in Bezug auf ein E-Book sowohl der Reader als auch das E-Book als auch die Webseite oder App, über die es vertrieben wird, den Anforderungen des BFSG genügen.

Anbieter und Händler müssen jetzt handeln, um ihre Produkte und Dienstleistungen rechtzeitig anzupassen. Sollten die Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht erfüllt werden, darf die Leistung ab dem 28.6.2025 nicht mehr erbracht werden.

Wir stehen Ihnen gerne für Fragen zum BFSG zur Verfügung.

Wein muss Nährwertkennzeichnung und Zutatenverzeichnis erhalten

Bei dem Vertrieb von Lebensmitteln sind bekanntlich zahlreiche Informationspflichten zu erfüllen. Bislang waren alkoholische Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent jedoch von der verpflichtenden Angabe einer Nährwertdeklaration und eines Zutatenverzeichnisses ausgenommen.

Dies ändert sich nun zum 08.12.2023. Weine, welche ab dem 08.12.2023 hergestellt werden, müssen nun auch obligatorisch Informationen zur Nährwertkennzeichnung und zum Verzeichnis der Zutaten enthalten. Diese Neuerungen betreffen dabei nicht nur die Etikettierung der Flaschen selbst, sondern auch die Pflichtinformationen beim Verkauf der Produkte, z.B. über einen Online-Shop.

Welche Produkte sind betroffen

Die neuen Vorgaben gelten für Weine, welche ab dem 08.12.2023 in Verkehr gebracht werden. Es gibt jedoch eine Übergangsregelung. Weine, welche bereits vor dem 08.12.2023 hergestellt wurden, dürfen noch weiter unter den bislang geltenden Kennzeichnungsvorgaben in Verehr gebracht werden.

Es stellt sich also die Frage, wann ein Weinbauerzeugnis hergestellt ist. Die Europäische Kommission hat hierzu einen Fragen- und Antworten Katalog Stellung genommen.

Danach soll Wein dann hergestellt sein, wenn er den erforderlichen Alkohol- und Säuregehalt erreicht hat. Schaumwein, durch eine zweite alkoholische Gärung hergestellt wird, kann erst dann als „hergestellt“ gelten, wenn die zweite Gärung stattgefunden hat und das Erzeugnis seinen erforderlichen Alkoholgehalt und den erforderlichen Überdruck erreicht hat.

Etikettierung

Neben den bereits bestehenden verpflichtenden Informationen, u.a. zum Alkoholgehalt oder zu Allergenen, müssen künftig auch Informationen zur Nährwertdeklaration und zum Zutatenverzeichnis auf dem Etikett angegeben werden.

Die Nährwerttabelle muss dabei alle Angaben gemäß der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIVO) enthalten. Dazu zählen Brennwert, Kohlenhydrate, Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren, Eiweiß und Salz. Im Zutatenverzeichnis müssen alle Zutaten und Zusatzstoffe in der Reihenfolge ihres Gewichtsanteils angegeben werden.

Die Informationen müssen zudem im selben Sichtfeld mit den anderen obligatorischen Angaben aufgeführt werden. Das heißt, alle verpflichtenden Angaben müssen auf einen Blick ersichtlich sein.

Besonderheit: Elektronische Darstellung

Neu ist die Ermöglichung des Abrufs der Informationen über ein elektronisches Label. Die Informationen können danach über einen QR-Code zur Verfügung gestellt werden, welcher auf dem Etikett im gleichen Sichtfeld wie die weiteren obligatorischen Angaben aufgedruckt sein muss. Der QR-Code muss auch gut lesbar sein, d.h. mindestens eine Größe von 1 x 1 cm aufweisen. Außerdem muss für einen Verbraucher erkennbar sein, dass er beim Scannen des QR Codes weiterführende Informationen zur Nährwertkennzeichnung und zur Zutatenliste erhält.

Bei der Nutzung der elektronischen Darstellung für die Nährwertkennzeichnung und das Zutatenverzeichnis ist jedoch zu beachten, dass sowohl die Allergenangabe (z. B. „Enthält Sulfite“) als auch der Brennwert weiter auf dem Etikett angegeben werden müssen. Bei der elektronischen Bereitstellung der Information muss zudem gewährleistet sein, dass bei dem Abruf der Informationen über den QR-Code keinerlei Nutzerdaten erhoben oder nachverfolgt werden. Die Seite auf welche verlinkt wird darf zudem keine weiteren werblichen Inhalte enthalten.

Online-Shop

Die verpflichtenden Angaben zur Nährwertkennzeichnung und dem Zutatenverzeichnis müssen beim Verkauf der Produkte auch im Online-Shop und auf Preislisten hinterlegt werden. Es sollte insofern sichergestellt werden, dass bei dem Verkauf von Wein etc. künftig auch die neuen Pflichtinformationen ordnungsgemäß in die Systeme eingespielt und im Angebot angezeigt werden.

Beim Verkauf an Verbraucher (B2C) müssen alle Pflichtinformationen bereits vor dem Einleiten des Bestellvorgangs abrufbar sein.

Hersteller und Händler müssen also jetzt handeln und Prozesse gegebenenfalls anpassen. Melden Sie sich gerne, bei weiteren Fragen rund um den Verkauf von Wein und/oder Lebensmitteln.

Autor: Helena Golla

BGH: Keine Informationspflicht des Onlinehändlers über Herstellergarantien

Einen Onlinehändler trifft keine Pflicht, über eine Herstellergarantie zu informieren, wenn er den Hinweis auf die Garantie nicht zum zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht (BGH, Beschluss vom 10.11.2022 – I ZR 241/19). 

Den Onlinehändler treffen verschiedene Informationspflichten. Von besonderer Bedeutung sind die Impressumspflicht sowie die Pflicht, über das Widerrufsrecht zu informieren. Gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB ist ferner über das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und Garantien zu informieren. 

In dem vom BGH entschiedenen Fall befand sich in dem Angebot unter der Unterüberschrift “weitere Informationen“ eine Verlinkung zu einem vom Hersteller gestalteten Produktinformationsblatt. In diesem war ein Hinweis auf eine Herstellergarantie enthalten, ohne dass die konkreten Bedingungen der Garantie erwähnt wurden. Auf der Angebotsseite selbst fanden sich demgegenüber keine Angaben über eine Herstellergarantie. Der Händler wurde abgemahnt mit der Begründung, er hätte nicht ordnungsgemäß über die Garantiebedingungen informiert. 

Der Fall ging bis zum BGH. Der BGH entschied nach Vorabentscheidung des EuGH, dass der auf der Angebotsseite angebrachte Link auf das Produktinformationsblatt des Herstellers mit der dort angegebenen Garantie noch nicht zu einer Pflicht des Händlers führt, über die Herstellergarantie und deren konkrete Bedingungen zu informieren. Eine derartige Informationspflicht folgt nicht bereits aus dem Bestehen der Garantie, sondern nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses des Kunden an weiteren diesbezüglichen Informationen. Davon kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Händler die Herstellergarantie zu einem zentralen oder entscheidenden Merkmal seines Angebots macht.

Neues von der Marke „Black Friday“ vor dem nächsten Black Friday

Die Marke „Black Friday“ hat in den vergangenen Jahren für einigen Wirbel gesorgt, nachdem sich ein Wettbewerbsteilnehmer diese Bezeichnung für umfangreiche Waren und Dienstleistungen hat sichern lassen und Mitbewerber wegen Markenverletzung in Anspruch genommen hatte.

Black Friday wird in den USA der Freitag nach Thanksgiving genannt. Da Thanksgiving immer auf den vierten Donnerstag im November fällt, gilt der darauffolgende Freitag als Start in ein traditionelles Familienwochenende und als Beginn der Weihnachtseinkaufsaison. Der Black Friday ist im Wesentlichen eine Verkaufsveranstaltung des Einzelhandels, die Rabatte in den Fokus stellt und zum Kauf von Produkten als erste Weihnachtsgeschenke verführen soll. Mittlerweile ist die Rabattaktion in vielen Industrienationen, so auch hierzulande bei zeitlicher Übereinstimmung sowohl im stationären als auch Online-Handel übernommen worden. Der diesjährige Black Friday fällt auf den 25.11.2022 und viele Händler fragen sich auch in diesem Jahr, ob sie den Begriff „Black Friday“ für ihre Sonderangebote bedenkenlos verwenden können.

Der Ursprung der markenrechtlichen Auseinandersetzungen lag darin, dass sich ein Unternehmensgeflecht aus Österreich / Hong Kong die Bezeichnung „Black Friday“ als u. a. als deutsche Wortmarke für zahlreiche Waren und Dienstleistungen sichern ließ und das Deutsche Patent- und Markenamt diese Marke seinerzeit im Jahre 2013 für eintragungsfähig erachtet hatte. Daraufhin machte der Markeninhaber beflügelt durch die Markeneintragung die vermeintlich zu seinen Gunsten monopolisierten Kennzeichenrechte auch geltend, was zu Diskussionen um die Schutzfähigkeit der Bezeichnung „Black Friday“ und zu unzähligen Löschungsanträgen führte. Denn als Wortmarke können nur solche Begriffe eingetragen werden, die unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig sind. Und wenn eine in den USA jahrzehntelang eingeführte Marketingaktion namens „Black Friday“ in Europa respektive in Deutschland ihren Erfolg fortsetzen möchte, spricht einiges dafür, dass diese Begrifflichkeit auch von allen Marktteilnehmern und nicht nur in Lizenz eines einzigen Markeninhabers genutzt werden darf.

Ähnlich, wenngleich mit unterschiedlicher Schattierung, sahen es letztlich auch die Gerichte, die mit dieser Frage infolge der zahlreichen Löschungsverfahren konfrontiert wurden. Nachdem das Bundespatentgericht und im gleichen Rechtszug auch der Bundesgerichtshof bereits in den Jahren 2020 bzw. 2021 entschieden hatten, dass der Eintragung der Bezeichnung „Black Friday“ zumindest für sämtliche Dienstleistungen im Bereich der Werbung (Klasse 35) ein Freihaltebedürfnis entgegen stehe und die Marke daraufhin zumindest teilweise gelöscht werden musste, hat nun vor wenigen Tagen auch das Berliner Kammergericht entschieden, dass die Marke „Black Friday“ jedenfalls wegen Verfalls in Gänze gelöscht werden müsse (KG Berlin, Urteil vom 14.10.2022, Az.: 5 U 46/21). Das Landgericht Berlin sei zuvor, so das Kammergericht, zu Recht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Benutzung der Marke im Rahmen einer Klage auf Erklärung des Verfalls nach §§ 26, 49, 55 MarkenG nicht beim Kläger, sondern bei der Beklagten, also beim Inhaber der angegriffenen Marke liegt. Die Revision wurde offenbar nicht zugelassen, so dass der Streit um die Marke „Black Friday“ nun endgültig ein baldiges Ende finden könnte.

Für Händler, Agenturen und Affiliate-Partner bedeutet dies, dass die Bezeichnung „Black Friday“ wohl in diesem Jahr erstmals relativ bedenkenlos für Werbedienstleistungen, Marketingaktionen und Rabattverkäufe sowie im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen genutzt werden darf. Wir beraten Sie gerne im Vorfeld einer angestrebten Verwendung einer Bezeichnung oder im Rahmen einer Markenanmeldung. Sprechen Sie uns an!

Vorwarnung: Umsetzung der Digitalen Inhalte-Richtlinie – massive Änderungen für B2C- und B2B-Verträge

Neue rechtliche Vorgaben der EU zum Vertragsrecht werden demnächst dazu führen, dass die Mehrzahl aller Verträge (und Allgemeiner Geschäftsbedingungen), bei denen es um digitale Inhalte oder digitale Services geht, weitgehend revidiert werden müssen. Das BGB wird durch eine Vielzahl neuer Bestimmungen (insbesondere durch Einfügung der §§ 327 ff.) ergänzt.

Derzeit liegt ein Regierungsentwurf vor, aus dem sich die anstehenden Änderungen entnehmen lassen. Bis Juli 2020 soll das entsprechende Gesetz vorlegen, zum 01.01.2022 in Kraft treten. Der Zeitraum für die Umsetzung in die Vertragspraxis ist damit denkbar knapp, da es hier nicht nur um rechtliche Formulierung, sondern auch um Geschäftsprozesse und deren technische Umsetzung geht. Betroffen sind die meisten Verträge, in denen es um die Lieferung digitaler Inhalte (u.a. Daten, Software, Content) oder die Erbringung digitaler Services geht. Der Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Regelung ist denkbar breit.
Damit wird die „Digitalisierung“ des Vertragsrechts weiter vorangetrieben. Wesentliche Neuerungen in Stichpunkten:

  • Regelungen gelten nur für entgeltliche Verträge, wobei Entgeltlichkeit in der Regel auch dann gegeben ist, wenn mit personenbezogenen Daten bezahlt wird
  • Regelungen unabhängig vom Vertragstyp (Keine Differenzierung nach Kauf, Miete, Dienst, etc.)
  • Neues Gewährleistungsrecht
  • Viele Vorschriften unabdingbar
  • Gestaltungsspielräume für den Anbieter beim Mangelbegriff, insbesondere beim objektiven Mangelbegriff
  • Besondere Vorschriften für abweichende Vereinbarungen, unter anderem Pflicht zur rechtzeitigen Information und ausdrückliche Zustimmung mittels technischer Opt-In-Lösung
  • Aktualisierungspflicht für digitale Inhalte
  • Regelungen zum Unternehmer, Regress in der Lieferkette
  • Verbraucherfreundliche Regelungen zur Verjährung und zur Beweislast
  • Ausnahmen für Open Source

Das neue Regelwerk ist denkbar kompliziert, Abgrenzungen zum Urheberrecht und zum Datenschutzrecht sind unscharf. Entsprechende Projekte zur Neugestaltung von Verträgen und Vertragsmodellen müssen rechtzeitig begonnen werden, da man sonst am 01.01.2022 mit abmahnfähigen AGB, etc., exponiert ist. Das Thema war unter anderem Schwerpunktthema der Kölner Tage IT-Recht im März 2021.

Gesetzgeber erschwert Abmahnungen

Der Bundesrat billigte am 9. Oktober 2020 das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“, das der Bundestag am 10. September 2020 verabschiedet hatte. Mit dieser Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) werden künftig Abmahnungen erschwert, war es doch erklärtes Ziel des Gesetzgebers, dem Abmahnmissbrauch die Grundlage zu entziehen und insbesondere Selbständige sowie kleinere und mittlere Unternehmen vor den Folgen unnötiger und wettbewerbsschädlicher Massenabmahnungen zu schützen.

I.

Das Gesetz stellt künftig erhöhte Anforderungen an die Abmahn- und Klagebefugnis. Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche können nur „Mitbewerber, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen“ geltend machen, somit nur Mitbewerber, die tatsächlich aktiv geschäftlich tätig sind.

Darüber hinaus sind Wirtschaftsverbände nur noch dann abmahn- und klagebefugt, wenn sie in einer Liste der „qualifizierten Wirtschaftsverbände“ eingetragen wurden. Diese Eintragung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Dem Wirtschaftsverband müssen nachweislich mindestens 75 Mitgliedsunternehmen angehören, ferner muss eine erhebliche Anzahl dieser Mitgliedsunternehmen Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und der Gesetzesverstoß muss die Interessen dieser Mitglieder berühren.

II.

Ferner will das Gesetz finanzielle Fehlanreize beseitigen. In einem neuen § 8 c UWG wird die „missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen“ in Form von Beispielen konkretisiert. So ist eine missbräuchliche Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,

  • ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko seines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,
  • ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
  • offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden,
  • eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung offensichtlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht,
  • mehrere Zuwiderhandlungen, die zusammen hätten abgemahnt werden können, einzeln abgemahnt werden oder
  • wegen einer Zuwiderhandlung, für die mehrere Zuwiderhandelnde verantwortlich sind, die Ansprüche gegen die Zuwiderhandelnden ohne sachlichen Grund nicht zusammen geltend gemacht werden.

Diese Beispiele haben allerdings lediglich Indizwirkung, die widerlegt werden kann.

III.

Der Anspruch auf Kostenerstattung eines Mitbewerbers für eine Abmahnung entfällt, wenn es sich um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet handelt oder um Datenschutzverstöße von Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. In diesen Fällen ist bei einer erstmaligen Abmahnung auch die Geltendmachung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

IV.

Abgemahnte Unternehmen sollen missbräuchliche Abmahnungen durch die Schaffung mehrerer Regelbeispiele leichter darlegen können. Dazu zählen die massenhafte Versendung von Abmahnungen durch Mitbewerber, ebenso wie Fälle, in denen eine offensichtlich überhöhte Vertragsstrafe verlangt wird oder Mitbewerber einen unangemessen hohen Gegenstandswert ansetzen.

Die Abmahnung ist nunmehr explizit in § 13 UWG geregelt, die Wirksamkeit auch an inhaltliche Vorgaben geknüpft.

Sollte sich eine Abmahnung als ungerechtfertigt herausstellen oder nicht die erforderlichen Informationen enthalten, können die Betroffenen vom Abmahnenden die Erstattung ihrer Kosten für die erforderliche Rechtsverteidigung verlangen. Vor Ausspruch einer Abmahnung muss nunmehr die Berechtigung einer Abmahnung im Einzelfall sehr sorgfältig geprüft werden, um finanzielle Risiken zu vermeiden.

V.

Ein neuer § 13 a UWG enthält jetzt explizit Regelungen zur Vertragsstrafe. Vertragsstrafen dürfen künftig eine Höhe von 1.000 Euro nicht überschreiten, wenn ein unerheblicher Verstoß vorliegt und der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Damit soll Abmahnungen, die allein das Ziel der Generierung von Vertragsstrafen verfolgen, die Grundlage entzogen werden.

VI.

Schließlich wird auch die Wahl des Gerichtsstands zukünftig eingeschränkt. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, auch „fliegender Gerichtsstand“ genannt, ermöglichte dem Kläger bislang bei nicht ortsgebundenen Rechtsverletzungen, sich das für ihn passende Gericht auszusuchen. Künftig gilt insbesondere auch bei Rechtsverletzungen im Internet und im elektronischen Geschäftsverkehr, bei denen der fliegende Gerichtsstand bislang eine besonders große Rolle spielte, einheitlich der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten, der vorher abgemahnt wurde.

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs stößt durchaus auch auf kritische Stimmen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die die gesetzlichen Vorgaben bei DSGVO, Impressum, Verbraucherinformationen oder Produktkennzeichen mit viel Aufwand und Mühe umgesetzt haben, ärgern sich, wenn Mitbewerber, die es damit nicht so genau nehmen, weder die Kosten der Rechtsverfolgung erstatten müssen noch mit einer Vertragsstrafe belegt werden können. Einerseits verstärkt der Gesetzgeber den Verbraucherschutz, andererseits werden Verstöße von kleinen und mittleren Unternehmen dagegen durch die Neuregelung des UWG zu Bagatellen deklariert. Unternehmen müssen aufgrund der erheblich höheren Risiken künftig vermehrt damit rechnen, auf Abmahnkosten sitzenzubleiben.

Das Gesetz wurde der Bundesregierung zugeleitet, die es dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorlegt. Anschließend kann es im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es soll zu großen Teilen am Tag danach in Kraft treten.

Se­mi­nar „Ak­tu­el­le Ent­wick­lun­gen im In­ter­net­recht, Recht der So­ci­al Me­dia und In­dus­trie 4.0“ der Deut­schen An­walt Aka­de­mie

Unsere Partner Dr. Thomas Stögmüller und Stephan Schmidt referieren am 30.11.2018 in Frankfurt für die Deutsche Anwalt Akademie zum Thema „Aktuelle Entwicklungen im Internetrecht, Recht der Social Media und Industrie 4.0„.

Web 2.0, Web 3.0 und Industrie 4.0: Diese Begriffe stehen für die Erweiterung des sozialen und öffentlichen Raumes durch das Internet und dessen Vernetzung mit Cyber Physical Systems. Immer mehr Funktionalitäten verknüpfen „offline“ und „online“, IT und physische Welt. Diese zukunftsweisenden Technologien werfen eine große Bandbreite rechtlicher Fragen auf, die die Dozenten erörtern werden.

Die Schwerpunkte des Seminars sind:

  • Gegenwart: Web 2.0, insbesondere Social Media
  • Web 3.0 und Industrie 4.0 – Überblick zu neuen Entwicklungen und rechtlichen Themen
  • Abgrenzung: Telemedien vs. Telekommunikation und Rundfunk
  • Datenschutz-Grundverordnung, Datensicherheit
  • Rolle und Verantwortlichkeit der Anbieter nach TMG und Rechtsprechung, Linkhaftung
  • Sperrung von URLs und Webcontent
  • Urheberrecht: User-Generated Content, Lizenzen, Creative Commons
  • Persönlichkeitsrechte und kennzeichenrechtliche Fragen in Social Media
  • Wettbewerbsrechtliche Fragen: Social Plugins, Marketing, Astroturfing u. a.
  • E-Health
  • Internationale Aspekte

Anmeldungen sind unter https://www.anwaltakademie.de/product/23771 möglich.